Europa baut eine Mauer – auf See
Dass US-Präsident Trump nicht der Einzige ist, der auf Mauerbau setzt, haben wir hier ja schon gemeldet. Doch nun erreicht die Heuchelei eine neue Dimension – mit der EU-Politik in bzw. vor Libyen.
Denn dort wollen die 28 angeblich so liberalen, weltoffenen und migrationsfreundlichen Staaten eine Seemauer errichten. Das wird das Hauptthema beim Sondergipfel auf Malta am Freitag.
„Unser Ziel ist, die Zahl der irregulären Migranten zu senken und die südliche Mittelmeerroute zu schließen“, sagte ein EU-Offizieller. Als glänzendes Beispiel wird der Türkei-Deal von Kanzlerin Merkel genannt.
Zwar sei in Libyen alles anders, vor allem gebe es keine Landgrenze. Deshalb kann man auch nicht einfach eine Mauer bauen. Doch man kann die Hilfsmission „Sophia“ umfunktionieren – und die lokale Regierung einspannen.
Beides soll nun geschehen, und zwar schleunigst. Regierungschef Fayiz as-Sarradsch wurde schon in Brüssel eingenordet. Er soll auch mehr Geld bekommen, um die Flüchtlingscamps besser zu versorgen.
Da sollen die Migranten nämlich künftig bleiben – unter menschenunwürdigen Zuständen. Kein Problem für die humanitäre Weltmacht EU: Man sei mit Hilfsorganisationen in Kontakt, heißt es.
Über legale Fluchtwege nach Europa wird in Malta nicht gesprochen. Über die Umverteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU auch nicht. Es geht nur darum, eine Mauer zu bauen – im Mittelmeer.
Ach ja, über die Mitschuld am Chaos in Libyen reden die EU-Chefs natürlich auch nicht. Und das Trump-Bashing wollen sie auf ein Mindestmaß beschränken. Gegenwehr ist eh keine geplant…
Susanne
2. Februar 2017 @ 19:25
Malta … auf die Erklärungen bin ich gespannt.
Gezielte Einwanderung? Sanktionen? Wirtschaftsförderung im afrikanischen, arabischen Raum nach Aufhebung von desaströsen Handelsabkommen und Einschränkung von Waffenlieferungen?
Kurzum, man muss all das Aufbauen, was man vorher wertevertretend wirklich zerstört hat.
Auf die Fehleranalyse bin ich gespannt.
Peter Nemschak
2. Februar 2017 @ 21:06
Es ist sinnlos, Asche auf das eigene Haupt zu streuen. Faktum ist, dass die in der letzten Generation stattgefundene Bevölkerungsexplosion in Afrika zum Gutteil die Probleme verursacht hat, mit denen wir heute zu kämpfen haben. Vergleichen Sie einmal die Bevölkerungszahl von Kairo 1950 mit der von heute. Lassen wir doch die Selbstbezichtungen. Unsere europäischen Vorfahren, welche die Welt erobert haben, verdienen mehr Respekt als ihre heutigen Nachfolger. Wir werden kämpfen müssen, möglicherweise untergehen. So ist es in der Geschichte stets gewesen. Wir nehmen uns zu wichtig. Dass die Amerikaner sich ausgenutzt fühlen, ist bis zu einem gewissen Grad verständlich. In Afghanistan müssen sie sich von den gegenwärtigen Machthabern, die sie in den Sattel gehoben haben, beschimpfen lassen. Die für die USA teuere pax americana wird nicht mehr in ihrem eigenen Interesse geschätzt. Ein uneiniges Europa schneidet sich ins eigne Fleisch. Es geht um unser eigenes Überleben, nicht darum, Wohltäter für die Welt zu sein.
Oudejans
2. Februar 2017 @ 22:55
So zynisch es tönt: ein Sieg im Kampf gegen Malaria bringt Afrika neue, nur größere Kriege. Bevölkerungswachstume in wirtlichen Regionen wie um den Viktoriasee sind beängstigend.
Allerdings sehe ich nicht, daß „wir gegen Afrika kämpfen“ werden müssen, Afrika als solches, wohlverstanden. Gebilde wie Boko Haram und die Maghreb-Islamisten – different story. Mit der glorreichen, friedensstiftenden „Intervention“ hat sich die (vorrangig) EU ein goldenes Ei gelegt, das sie erst jetzt voll zu schätzen weiß, seit sich das giftig durchsetzte Gebräu nach Sizilien ergießt.
Wer 2011 Bedenken gegen den Libyenkrieg hatte, war ein Gaddafiversteher und Menschenfresser.
Gaddafiversteher 2011.
Putinversteher 2014.
Assadversteher 2015-16.
Trumpversteher 2017.
Immer und immer das gleiche Muster und von Mal zu Mal tiefer in die Schei…
Sechs Jahre der Unverbesserlichkeit!
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
bluecrystal7
3. Februar 2017 @ 06:54
Nein, die „Flüchtlingskrise“ ist noch lange nicht vorbei… Vor allem ist man ja ganz offenbar auch nicht mal ansatzweise im Stande, bzw. nicht gewillt dazu, die Fluchtursachen(!) konkret anzugehen!
Gut, man hat sie auch selbst erzeugt, das ist die andere Seite der Medaille. Das Problem wurde einfach an die EU-Außengrenzen und nach Griechenland verlagert… ☹️
„Innerhalb einer Woche sind fünf Flüchtlinge in griechischen Lagern gestorben. Europa nimmt das Elend kaum noch zur Kenntnis. Stattdessen beraten die EU-Regierungschefs, wie sich der Kontinent weiter abschotten lässt.“
http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlingselend-in-griechenland-war-da-was-kommentar-a-1132831.html
Peter Nemschak
2. Februar 2017 @ 19:06
Die Prioritäten der USA und der EU hinsichtlich illegaler Migrationen unterscheiden sich nicht, bloß die Mittel diese zu unterbinden. Die Mauer gegenüber Mexiko dürfte laut Experten wenig effektiv sein, da die meisten illegalen Mexikaner legal mit Visum in die USA kommen und nach Auslaufen ihres Visums illegal bleiben. Ob die Maßnahmen der EU besser greifen, wird man sehen. Allheilmittel gegen ungewollte Migration gibt es nicht. Dass der Schutz unserer europäischen Sozialsysteme Vorrang hat, ist verständlich. Unbeschränkte Migration würde sie zerstören. Im Zweifelsfall ist das eigene Hemd näher als der fremde Rock. Wem wollen Sie das verübeln?
Susanne
2. Februar 2017 @ 15:26
Grundsätzlich steht nun fest, dass die eu hier einen recht schnellen „Lernprozess“ durchmachte (15 Monate). Das ist eine 180°-Wende in Haltung? Der Druck der Mitgliedsländer muss enorm gewesen sein. Man befürchtete bei Fortsetzung weitere Exits? Zu gerne hätte ich diesen Entwicklungsprozess in Presse dokumentiert gesehen.
ebo
2. Februar 2017 @ 15:39
@Susanne Genau. Eine völlige Kehrtwende, genau wie von den Rechten und Nationalisten in Ost- und Westeuropa gefordert. Nur die liberale Rhetorik hat die EU beibehalten. Und Merkel natürlich auch. Wieso die meisten Medien ihr das durchgehen lassen – keine Ahnung…
S.B.
2. Februar 2017 @ 17:42
@ebo: Vielleicht, weil sie nur Sprachrohre des linken Politik-Establishments sind? Dieses Verhalten ist der letzte Beweis. Wie kämen die Medien unter dieser Voraussetzung auf die Idee, etwas kritisches aufzugreifen oder gar zu kritisieren?
S.B.
2. Februar 2017 @ 14:39
Nun rächt es sich, dass die „linksliberale“ Elite, die von ihnen wegen ihrer ach so liberalen Weltoffenheit so hochgehaltenen „Werte“ nie inhaltlich definiert hat. Schrankenlose Werte sind eben keine, da sie keinen Inhalt haben. Sobald man Werte aber inhaltlich definiert, setzt man Regeln. In Sachen Migration geht es um Freizügigkeit und Solidarität im internationalen Rahmen. Selbst für die linken Eliten scheint inzwischen festzustehen, dass Migration nicht schrankenlos sein kann. Dies kann sie aufgrund der von ihr selbst errichteten Political Correctness aber nicht offen kommunizieren, denn es geht ja um eine massive Einschränkung des ebenfalls unbestimmten, über allem stehenden Wertes „Menschenrechte“. Man sitzt also in der PC-Falle. Was tun „unsere“ Eliten also? Nach außen (= offiziell) so tun, als stünde man weiter zu seinen schrankenlosen „Werten“. Hintenherum tritt man diese mit den Füßen, weil man weiß, dass ein Großteil der Bevölkerung nicht hinter dieser Ideologie steht. Zur Ablenkung hetzt man zusätzlich gegen den politischen Gegner, der offen (= politisch unkorrekt) ausspricht, wie er diese Werte sieht. Man könnte auch von politischer Schizophrenie sprechen. Das dabei nichts Vernünftiges herauskommen kann, sollte jedem klar denkenden Zeitgenossen bewusst sein. Man kann es am praktischen Beispiel EU seit Jahren bestens nachvollziehen.