Der ESM will mehr

Die FDP will den Euro-Rettungsfonds ESM langfristig abschaffen. Dies meldet die “Süddeutsche Zeitung”; offenbar gehen die Liberalen auf Stimmenfang bei den Euro-Gegnern. Dabei wird der Luxemburger Fonds von einem ordoliberalen Deutschen geleitet. Und er hat noch viel vor…

Eigentlich war der ESM, der von dem Deutschen K. Regling geleitet und von niemandem demokratisch kontrolliert wird, zur Finanzierung der milliardenschweren Hilfsprogramme für klamme Euroländer gegründet worden.

Doch seit einiger Zeit kümmert er sich auch um Reformen in Krisenländern wie Griechenland, Zypern oder in Spanien. Beim nächsten Besuch der  Troika in Athen, der Freitag beginnt, könnte der ESM sogar eine Schlüsselrolle spielen.

Die offenbar neu angeheuerten, öffentlich nicht bekannten ESM-Experten haben nämlich einen brisanten Auftrag: Sie sollen die schleppende Privatisierung von staatlichen Immobilien in Griechenland vorantreiben.

„Hauptsächlich sollen die Immobilien für Investoren attraktiver werden und dadurch mehr Geld einbringen”, sagte ein Sprecher in Luxemburg. Er bestätigte auch, dass der ESM einen Experten-Bericht zur Privatisierung vorgelegt hat.

Was genau in diesem Bericht steht, wollte er nicht verraten. Es handele sich um ein internes Dokument, das bisher nicht einmal von den Finanzministern abgesegnet worden sei.

Doch es gibt wohl noch einen anderen Grund für die Geheimniskrämerei: Wie man in Brüssel hört, wurde zumindest in einem frühen Entwurf des ESM-Papiers gefordert, dass Griechenland die Privatisierung an eine Holding in Luxemburg auslagern soll.

Das wäre etwa so, als wäre die Treuhand für DDR-Besitz in Liechtenstein angesiedelt worden. Sogar von ausländischen “Beratern” war die Rede – der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte die Auslagerung sogar ganz offen.

Zwar ruderte der ESM zurück, nachdem die brisante Forderung durchgesickert war. Im neuesten Textentwurf sei von einer Auslagerung ins Ausland nicht mehr die Rede, heißt es nun. Alles solle in griechischer Hand bleiben.

Doch mit dem Besuch der Troika in Athen könnten die Treuhand-Pläne schnell wieder auf den Tisch kommen. Schließlich sind ESM-Experten dabei, wenn die Aufseher  in Athen nach dem Rechten schauen.

Und sie werden wohl auch dabei sein, wenn die Troika im Herbst ihren Bericht für die Eurogruppe vorlegt, die dann über weitere Hilfen entscheiden muss. ESM-Chef Regling ist in der Eurogruppe Stammgast.

Angesichts der zunehmenden Präsenz des Fonds wird in Brüssel schon darüber spekuliert, dass der ESM eines Tages den IWF ersetzen könnte, falls der – wie zum Beispiel EU-Justizkommissarin Reding fordert – die Troika verlässt.

Das weisen die Luxemburger zwar noch weit von sich. Aber ihre neue Rolle in der griechischen Innenpolitik war auch nicht vorgesehen. Im ESM-Vertrag ist davon jedenfalls keine Rede…

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Beitrags, den ich in der “taz” veröffentlicht habe. Das Original steht hier.