Europa kann noch begeistern, aber

Da kommt ein Politiker aus dem sonst verpönten Brüssel nach Berlin – und wird wie ein Messias gefeiert. Gleichzeitig gehen Zehntausende für Europa auf die Straße. Erlebt die EU eine Renaissance?

So würden die EU-Politiker die Ereignisse dieses Wochenendes wohl gerne interpretieren. Da waren die 100 Prozent für Schulz – den Mann, der aus der Kälte des Europaparlaments kam.

Und da waren Zehntausende, die an den pro-europäischen Kundgebungen „Pulse of Europe“ teilgenommen haben. Auch das ist vor allem ein deutsches Phänomen, aber was soll’s?

Immerhin zeigt sich, dass Europa die Menschen (wieder) begeistert. Und dass man als Europapolitiker, der aus Brüssel bzw. Straßburg kommt, auch in Berlin begeistern und reüssieren kann.

Aber Vorsicht: man sollte beides nicht überinterpretieren. Die SPD will vom Europapolitiker Schulz streng genommen nichts wissen; was er in Brüssel so trieb, ist bis heute kein Thema.

Genosse Schulz wird vor allem deshalb verehrt, weil man so wenig von ihm weiß – und weil er sich als Gegenmodell zu Kanzlerin Merkel und US-Präsident Trump positioniert.

Auch der „Pulse of Europe“ ist als Gegenbewegung zu Trump, Farage & Co. entstanden. Mit der real existierenden EU hat er so gut wie nichts zu tun, von deren Krise will er nichts wissen.

Es sind zwei idealistische Bewegungen, die da zusammenkommen. Sie stehen, vereinfacht gesagt, für Deutschland und Europa ohne Merkel und ohne Populisten – aber (noch) nicht für eine andere Politik.

Ohne eine andere Europapolitik wird es aber auch keine Renaissance der EU geben…

Siehe auch „Plötzlich beliebt“ und „European Union first“