Einsamer Pole trifft ratlose Kanzlerin
Wer leidet am meisten unter dem Brexit? Polen – denn wegen der polnischen Arbeitsmigranten haben die Briten gegen die EU gestimmt. Doch Ratspräsident Tusk, ein Pole, holt sich nicht etwa in Warschau Rat.
Stattdessen fährt er in die Hauptstadt des deutschen Europa, um sich mit Kanzlerin Merkel über das weitere Vorgehen abzustimmen. Warschau zählt nicht – denn die rechte polnische Regierung ignoriert den Liberalen Tusk.
Ob der einsame EU-Chef in Berlin schlauer wird, ist allerdings fraglich. Denn Merkel hat in der Brexit-Frage bisher vor allem eins bewiesen: Inkompetenz und Zögerlichkeit.
Dem britischen Premier Cameron, der sein Land verzockt hat, hat Merkel versprochen, “alles” zu tun, um UK in der EU zu halten. Nun, da Cameron abgetreten ist, tut sie alles, um den Brexit hinauszuzögern.
Damit verschleppt Merkel aber auch die dringend nötige EU-Reform. Nicht einmal die Kernländer oder die Eurozone dürfen die Konsequenzen aus dem britischen Abgang ziehen, alle sollen warten.
Erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2017, so will es Merkel, soll die EU reformiert werden. Bis dahin gilt es, das Ancien Régime zu verteidigen. sogar mit einer lahmen Ente wie Tusk…
hlschmid
18. August 2016 @ 11:11
“Erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2017, so will es Merkel, soll die EU reformiert werden.” Wie soll denn die EU reformiert werden? Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger wäre wohl wichtig: http://www.our-new-europe.eu !
Peter Nemschak
18. August 2016 @ 11:53
Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger wird milieuabhängig sein, jedenfalls sehr unterschiedlich so wie unsere Gesellschaft. Die EU-Reform sollte tatsächlich nach den nächsten Bundestagswahlen stattfinden, damit die dann gewählte Regierung den Rücken frei hat und nicht den rasch wechselnden Launen der Wähler ausgesetzt ist.
Peter Nemschak
18. August 2016 @ 09:00
Den BREXIT hinauszögern arbeitet für die EU. Mittlerweile hat sich bestätigt, dass das UK wesentlich stärker unter dem BREXIT leidet als die EU, was dessen Verhandlungsspielraum einengt. Der Preis für die Teilnahme des UK am Binnenmarkt steigt von Monat zu Monat. Die Reform der EU hat mit dem BREXIT nur am Rande zu tun. Das Drängen zur Eile ist mir aus Sicht der EU nicht verständlich. Was die Arbeitsmigration betrifft, bedarf es insgesamt einer EU-weiten Lösung, um Sozialstaatsarbitrage zu vermeiden.Eine Möglichkeit wäre, die Personenfreizügigkeit grundsätzlich aufrecht zu erhalten, von Binnenmigranten aber einen Solidaritätszuschlag auf deren Einkommenssteuer zu erheben. Letztlich wird auch die englische Industrie angesichts des schlechten Ausbildungsstandes und schwachen Motivation der heimischen Arbeiter auf Binnenwanderung nicht so leicht verzichten können. Wäre der Reformdruck in der EU stark genug, könnte ihn Merkel nicht verschleppen. In Frankreich wurden dringend nötige Reformen nicht durch Merkel sondern durch die Gewerkschaften verschleppt. Außer bei den Streiktagen gibt es in Frankreich kein Wachstum.