80 Milliarden für nichts

Die Deutschen sehen sich gerne als Verlierer der Euro-Krise. Dabei hat Deutschland infolge niedrigerer Zinsen seit 2011 schon 80 Mrd. Euro gespart. Das Problem ist nur, dass Finanzminister Schäuble das Geld nicht richtig anlegt – und dass die Opposition schläft.

Vor ein paar Wochen kam raus, dass Deutschland von der Euro-Krise mehr profitiert als bisher gedacht. Weil die EZB die Zinsen niedrig hält und Deutschland als “save haven” für Anleger gilt, sanken die Anleihe-Renditen auf ein Rekord-Tief.

Seit 2011 konnte der Bund rund 80 Mrd. Euro an Zinsen sparen, rechnet der Kieler Experte Boysen-Hogrefe im Europa-Blog der London School of Economics vor. Bis 2014 könne der Windfall-Profit auf 100 Mrd. Euro wachsen.

Das Geld fehlt natürlich den Anlegern, darunter sicher auch vielen deutschen Sparern. Sie sind, so gesehen, tatsächlich “Verlierer” der Krise (auch wenn es in der Marktwirtschaft keine Garantie auf hohe Zinsen gibt).

Umso mehr darf sich Finanzminister Schäuble freuen. Zusammen mit den Zinsen auf widerwillig gewährte Hilfskredite konnte er dem Bundeshaushalt infolge der Eurokrise viele Milliarden Euro gutschreiben.

Doch das hat er uns natürlich nie gesagt. Angeblich ist das sinkende Budgetdefizit allein seiner guten Haushaltsführung zu danken. Schäuble hat auch nie zugegeben, dass der Bund mehr ausgeben könnte, ja sollte.

Die USA, der IWF und sogar die EU haben Berlin wiederholt aufgefordert, nicht nur aufs Sparen zu setzen, sondern auch zu investieren, um die Konjunktur zu stützen und die Eurokrise schneller zu bewältigen.

Hätte Schäuble dies getan, hätten auch die Bundesbürger davon profitiert. Sie wären dann nicht nur (leichte) Verlierer, sondern genau wie Schäuble strahlende Gewinner. Doch dem CDU-Mann ist ein ausgeglichener Haushalt wichtiger.

Kurz vor oder nach der Wahl soll dieses symbolische Ziel erreicht werden. Was Schäuble nicht sagt: Sobald sich die Krise legt und die Zinsen wieder steigen, ist seine “ausgeglichene” Rechnung Makulatur.

Konservative Ökonomen wie Boysen-Hogrefe ziehen daraus den Schluss, der “One-Off”-Gewinn dürfe nicht als Signal zum Schuldenmachen verstanden werden. Die FDP pflichtet ihm bei. Aber darum geht es nicht.

Es geht darum, den Windfall-Profit allen zukommen zu lassen, und ihn nicht bloß für einen Zahlen-Fetisch zu nutzen. Investitionen in Krippenplätze, Öko-Stromnetze und schnelles Internet würden Deutschland und Europa helfen.

Ich hätte wenigstens erwartet, dass die Opposition dies im Wahlkampf thematisiert. Doch von SPD und Grünen kommt – nichts. Es ist, als wären die 80 Mrd. Euro nie dagewesen…