Eine CIA für EUropa?
Die EU-Außenminister suchen eine Strategie gegen den Terror. Im Vordergrund steht die engere Zusammenarbeit der Geheimdienste, sogar eine EU-CIA ist im Gespräch. Dabei liegt das Problem ganz woanders.
„Wir brauchen mehr Daten“, forderte EU-Ratspräsident Tusk – und schob gleich die Drohung hinterher, ohne Überwachung aller Flugpassagiere könne die Freizügigkeit am Boden eingeschränkt werden.
Zur Not werde die EU die im Schengen-System abgeschafften Grenzkontrollen wieder einführen, so Tusk – so apodiktisch hatten die EU-Granden nicht einmal nach dem 11. September 2001 reagiert.
Den Vogel schoss aber der italienische Ministerpräsident Renzi ab. Der smarte Italiener brachte sogar einen europäische Geheimdienst ins Gespräch.
„Wir haben eine gemeinsame Währung, wir brauchen auch eine gemeinsame Geheimdienstagentur“, sagte er zur Begründung. Eine CIA für die EU – basta!?
Nein, Nein und nochmals Nein. Zunächst war beim jüngsten Terroranschlag in Paris ja schon der französische Geheimdienst überfordert. Er verfügte zwar über wichtige Erkenntnisse, zog daraus aber offenbar die falschen Schlüsse.
Ein europäischer Geheimdienst, der sich ja wohl auf nationale Aufklärung stützen müsste, hätte die Hinrichtung in Paris deshalb auch nicht verhindert.
Zweitens hatte das Attentat auf „Charlie Hebdo“ nur bedingt eine europäische Dimension. Die Attentäter des 11. September à la française kamen weder aus Italien noch – wie beim Angriff auf das World Trade Center in New York – aus Deutschland.
Es waren Franzosen, die sich gegen Franzosen richteten – nachdem sie in Syrien, im Irak oder im Jemen zu Terroristen ausgebildet worden waren.
Das führt uns zum dritten Punkt: Wenn überhaupt, dann braucht die EU eine gemeinsame Außenpolitik – und eine gemeinsame Wahrnehmung der Bedrohung.
Vielleicht war es ja auch das, was Renzi meinte. Seit er seine Außenministerin Mogherini zur EU-Außenbeauftragten gemacht hat, ist Bewegung in die EU-Diplomatie gekommen.
Allerdings noch nicht genug, um den Terror-Import zu verhindern.
Was zu tun wäre- morgen in Teil II
GS
21. Januar 2015 @ 00:04
In Deutschland wird nun auch wieder die Vorratsdatenspeicherung gepusht. Die gab’s in Frankreich – was hat’s genutzt? Man könnte meinen, dass die Staaten nur auf solche Ereignisse wie in Paris warten, um ihre Kompetenzen weiter auszudehnen. Irgendwann werden sie noch protokollieren, wie lang der Geschlechtsverkehr im Ehebett dauert.
Summerhill
19. Januar 2015 @ 13:04
Die üblichen Verdächtigen spielen die Karte schon in den üblichen Kreisen…
Hier: Der Kollege Kornelius in der SZ
Ich wundere mich immer wieder neu. Dabei müsste ich doch so langsam wissen, was von wem wie kommt…
http://www.sueddeutsche.de/politik/terrorbekaempfung-rechtsstaat-augenblick-der-eu-1.2309267
ebo
19. Januar 2015 @ 13:11
Tja, das habe ich auch gelesen, kaum zu glauben – vor allem die Parallele zum Euro, diesem ach so gelungenen Projekt…
Nemschak
19. Januar 2015 @ 11:28
Haben wir nicht schon ausreichend Instrumente wie beispielsweise Interpol, um auf der polizeilichen Seite den Terrorismus zu bekämpfen? Der Austausch von Fluggastdaten ist zumindest diskussionswürdig. Immerhin bedienen sich Terroristen moderner Informationstechnologie. Dass ein komplexes Problem wie der Terrorismus nicht durch Einzelmaßnahmen erfolgreich bekämpft werden kann, sondern ein Bündel von Maßnahmen braucht, ist offenkundig. Eine gemeinsame Außenpolitik gegenüber der Region Naher und Mittlerer Osten ist notwendig aber nicht hinreichend. Ohne Polizeimaßnahmen wird man auch nicht auskommen, ebenso wenig wie mit einer verstärkten Integration ethnisch und religiöser Minderheiten in die Mehrheitsgesellschaft. Der rasche gesellschaftliche Wandel, verstärkt durch internationale Wanderbewegungen, ist allen Befürchtungen der Pegida-Anhänger zum Trotz nicht aufzuhalten. Man muss ihn bewältigen: brave new world.
Tim
19. Januar 2015 @ 10:33
Diese gemeinsame Wahrnehmung der Bedrohung gibt es ebenfalls bereits seit langem. Und zwar in weitaus größerem Maße, als gesund für unseren Rechtsstaat ist.
Der Terror der europäischen Migranten speist sich aus fehlenden Identitätsperspektiven, insbesondere in Frankreich ist das ja überdeutlich. Für dieses nationale, teilweise ja sogar lokale Problem gibt es keine europäische Lösung.