Von Win-Win zu Lose-Lose

Die EU-Gründerstaaten haben sich in Rom getroffen, um über die Mega-Krise zu beraten. „Wir müssen wieder für Europa kämpfen, denn Europa ist nicht das Problem, sondern die Lösung“, sagte Außenminister Steinmeier. Wenn es so einfach wäre…


[dropcap]B[/dropcap]ei Gründung der EU war die Sache noch klar: „Gemeinsam sind wir stärker“ war das Motto. Die engere Zusammenarbeit noch weitgehend souveräner Nationalstaaten galt als klassische „Win-Win-Situation“.

Das meint Steinmeier wohl auch, wenn er von Europa als „Lösung“ spricht. Doch mittlerweile ist die EU selbst zum Problem geworden. Zwar bleibt richtig, das viele Probleme auf nationaler Ebene nicht mehr zu lösen sind.

Umweltschutz, Klimawandel, Flüchtlingskrise – all das lässt sich nur europäisch oder international in den Griff bekommen. Durch geteilte Souveränität zu mehr Souveränität, heißt die passende Formel aus Brüssel.

Das Problem ist aber, dass die EU ein doppeltes Spiel spielt: Zum einen raubt sie den Nationalstaaten ihre Souveränität, indem sie immer mehr Bereiche von Politik und Wirtschaft zentral in Brüssel regelt.

In der Regel läuft es dabei auf Deregulierung und Privatisierung hinaus, gemäß der herrschenden neoliberalen Doktrin. Nationale Regeln werden dabei ausgehebelt und abgeschafft, Schutzzonen werden zerstört.

Brüssel hebelt Souveränität aus, statt sie zu bündeln

Zum anderen versäumt es die EU aber, die Souveränität auf europäischer Ebene neu zu „poolen“, wie es im Polit-Jargon so schön heißt. Sie bündelt nicht etwa die Macht ihrer Mitglieder, sondern hebelt sie aus.

In der Flüchtlingskrise ist genau dies passiert. Erst wurden nationale Zölle und Grenzen abgeschafft, dann „vergaß“ man, die Außengrenzen zu sichern und neue europäische Schutzmechanismen zu schaffen.

Dieses doppelte Spiel führt nicht nur zu einem massiven Verlust von Souveränität, sondern auch von Solidarität und Legitimität (in den Nationalstaaten). Auch das zeigt die Flüchtlingsdebatte überdeutlich.

Die schlechte Nachricht: Es gibt kein Zurück mehr!

Die EU steckt nun zwischen Baum und Borke. Sie hat die Globalisierungs- und Steuerungs-Probleme zum Großteil selbst geschaffen, für die sie nun angeblich die Lösung sein soll.

Aber jetzt kommt der Clou: es gibt kein Zurück mehr! Denn eine schlichte Rückverlagerung auf die nationale Ebene, wie sie Populisten und Nationalisten fordern, würde das Chaos nur vergrößern.

Ein einfaches „Weiter so“ ist aber auch keine Option. Die EU steckt in einem Dilemma – weil sie „falsch programmiert“ war (nämlich neoliberal), hat sich die Win-Win- in eine Lose-Lose-Situation verkehrt…