Ein abgekartetes Spiel?
Nach der LuxLeaks-Affäre kocht die Gerüchteküche. Während man in Luxemburg munkelt, ausländische Geheimdienste hätten die Enthüllungen lanciert, spekuliert Berlin über einen Rücktritt Junckers.
Dabei traf die Affäre den Ex-Premier nicht unvorbereitet. Bereits vor zwei Jahren waren die PWC-Dokumente, die nun enthüllt wurden, gestohlen worden. In Luxemburg kannte man schon lange viele Details.
Auch in Frankreich wurde vieles veröffentlicht, wie das unabhängige Internetportal „Mediapart“ betont. Bereits im Mai 2012 hatte der Fernsehsender „France 2“ wichtige Dokumente gezeigt.
Dient Amazon als Alibi?
Auch der EU-Kommission in Brüssel dürfte die Affäre nicht verborgen geblieben sein. Doch statt ihr nachzugehen, lancierte sie kurz vor dem Amtsbeginn Junckers Ermittlungen gegen Amazon.
Genau auf diese Ermittlungen bezieht sich nun auch Junckers neuer Sprecher, wenn er behauptet, die ganze Aufregung sei übertrieben, die EU-Kommission prüfe ja bereits mögliche Staatsbeihilfen.
Bereits seit „einigen Monaten“ arbeite Luxemburg „intensiv“ mit Brüssel zusammen, hieß es am Montag. Die Enthüllungen änderten daran nichts; es gebe auch keine Deadline für die Aufklärung.
Juncker gegen Juncker? Aber nicht doch!
Das riecht nach einem abgekarteten Spiel: Beim LuxLeaks-Skandal geht es um hunderte Konzerne. Die EU-Kommission greift sich hingegen kurz vor Junckers Amtsantritt einen einzigen Fall heraus – und kann so behaupten, sie sei tätig geworden.
Das LuxLeaks-Dossier hingegen fasst sie mit spitzen Fingern an – und schiebt es auf die lange Bank. Von einem Fall „Juncker gegen Juncker“, über den die Medien berichten, kann also keine Rede sein.
Junckers Kommission hat nämlich – zumindest bisher – nicht die Absicht, gegen Junckers frühere Praktiken zu ermitteln…
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Rubrik „members only“. Wer Mitglied werden möchte, sende bitte eine Mail an diese Adresse.
e.c.
11. November 2014 @ 19:57
Was ist eigentlich mit dem ’niederländischen Modell‘? (z.B. http://www.zeit.de/2014/28/steuerparadies-niederlande/komplettansicht)
Arbeitet Dijsselbloem auch „intensiv“ mit Brüssel zusammen?
ebo
11. November 2014 @ 21:22
Nein, er prüft gerade die Rechnung der EU-Kommission für die Nachzahlung der Niederlande zum EU-Budget 🙂
Holly01
12. November 2014 @ 11:50
Hallo e.c.,
über diese Länder wird immer wieder mal geschrieben.
Über die Inseln der Königin von England spricht niemand.
Das gesamte Konstruckt wird gar nicht diskutiert.
Das ist nicht GB, das ist nicht EU, es gilt das königliche Recht, welches ein Sonderrecht ist und von den Gouverneuren (von der Königin ernannt) durchgesetzt wird.
Auch die CoL ist exterretorial, das ist nicht GB, es gilt auch nicht das Gesetz von Gb und es ist nicht Teil der EU.
Diese Dinge werden gar nicht erst thematisiert.
Genau genommen sind das Gebiete, die nicht einmal mit der EU assoziiert sind.
Und wenn wir schon beim Thema verschweigen sind:
googeln Sie doch einmal Franc-CFA und schauen Sie einmal wo der Euro de facto Staatswährung ist, wir reden da über etwa 60 Staaten.
Sie können ja einmal scheun, wie das Kontrolling bei diesen Ländern ist.
Als googel Begriff rate ich zu currency board und seine Funktionen.
Das Ganze ist eine verlogene und mit verschweigen gespickte Union, bei der viele Grundfunktionen überhaupt nicht abgesichert sind und Gleichheit der Staaten (ein Staat – ein Votum) ein Witz sind.
Peter Nemschak
11. November 2014 @ 09:13
Für das Amt des Kommissionspräsidenten gibt es offenbar viele Ambitionierte und ihre Hintermänner/-frauen, die jetzt aus den Löchern hervorkommen wollen. Der Nachweis, dass Juncker sich persönlich eine illegale Handlung zurechnen lassen muss, ist bisher unterblieben. Von einer beschleunigten Reform des Konzernsteuerrechts hört man nichts. Das zeigt, dass es in der Politik nur am Rande um die Sache geht.
Holly01
11. November 2014 @ 10:05
Hallo Peter Namschak,
primär erinnere ich mich an Camerons Theater weil er keinen Junker in dem Amt wollte.
Die 5 eyes lassen nicht locker.
Aber laut Fr. Merkel tut Überwachung ja nicht weh.
Das muss man aushalten können.
So ist das in einer überwachten Welt, wenn die Informationen in wenigen Händen gebündelt sind, Informationen werden zur Waffe.
Peter Nemschak
11. November 2014 @ 10:25
Vom Europäischen Parlament hört man nichts. Wo bleibt die Kontrollfunktion?
ebo
11. November 2014 @ 10:45
Gute Frage. Offenbar ist es so, dass die Große Koalition, die Juncker und sein Team im Eiltempo bestätigt hat, jetzt nicht „umfallen“ will. Vor allem die Konservativen aus der EVP und dort wiederum besonders die Deutschen um CSU-Vormann Weber stehen in True fest zu Juncker. Siehe auch „Keine Zeit für Demokratie“ und „Die ganz große Koalition“…