Dublin forever

Wir sind lieber realistisch als irrelevant! Mit diesen Worten begründete EU-Kommissionsvize Timmermans seinen Vorschlag zur Reform der europäischen Asylpolitik. Leider ist er weder realistisch – noch relevant.


[dropcap]D[/dropcap]ie Reformideen lassen sich in zwei schlichten Maximen zusammenfassen:

  • Länder, in denen besonders viele Flüchtlinge Schutz suchen, sollen künftig stärker entlastet werden.
  • Staaten, die sich einer Umverteilung entziehen, sollen Ausgleichszahlungen von 250 000 Euro pro Flüchtling leisten.

Und das war’s dann auch schon. Von einer Reform des Dublin-Systems ist keine Rede mehr. Dabei hatte im Herbst 2015 selbst Kanzlerin Angela Merkel eingeräumt, dass dieses System krachend gescheitert ist.

Es war nämlich Dublin, das Deutschland jahrelang vor dem Flüchtlingsdrama im Mittelmeer schützte. Es war Dublin, das Länder wie Italien oder Griechenland hoffnungslos überforderte – und schließlich zur Massenwanderung über die Balkanroute führte.

Doch nun soll alles beim Alten bleiben. Eine Abkehr von Dublin sei unrealistisch, so Timmermans. Eine durchgreifende Reform sei zwar wünschenswert, politisch derzeit aber nicht durchsetzbar, sagte er mit Verweis auf die unwilligen Osteuropäer.

Auch Merkel kann plötzlich wieder gut mit dem Prinzip leben, dass jene Länder für Asylbewerber zuständig sein sollen, über die Flüchtlinge nach Europa eingereist sind. Seit die Balkanroute dicht ist, ist Dublin plötzlich wieder gut.

Damit kapitulieren Berlin und Brüssel vor den Problemen. Denn daran, dass Griechenland und Italien überfordert sind, hat sich ja nichts geändert. In Griechenland warten immer noch Zehntausende Flüchtlinge auf die Umverteilung in die EU.

Doch dazu sagte Timmermans kein Wort. Statt über die Lager auf Lesbos und die verzweifelte Lage in Idomeni zu sprechen, stellte er neue Prinzipien für die europäische Asylpolitik vor. Doch auch die können nicht überzeugen.

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