Diese Opposition ist Mist
Der Bundestag hat das neue Griechenland-Paket abgenickt. Damit ist der Weg für die längst fälligen Notkredite in Höhe von rund 44 Mrd. Euro frei. Griechenland ist damit aber keineswegs gerettet, im Gegenteil. Mehr denn je ist Athen von den Diktaten der Troika und den Planspielen der Eurogruppe abhängig. Die Opposition hätte versuchen können, andere Konditionen durchzusetzen – doch sie hat versagt.
Opposition ist Mist, pflegte der frühere SPD-Chef Müntefering zu sagen. Diese Opposition ist Mist, möchte man heute erwidern. Denn Sozialdemokraten und Grüne nicken wieder einmal den hoffnungslosen Kurs von Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble in Griechenland ab. Gerade einmal 24 Stunden haben sie verbalen Widerstand geleistet – um am Ende bedingungslos zuzustimmen.
Ganz Europa schaut zu, wie der Bundestag entscheidet
Damit glaubt die deutsche Opposition ihrer Verantwortung für Griechenland und Europa zu genügen. Schön, dass sie sich dieser Verantwortung bewusst ist. Schließlich nimmt der Bundestag de facto die demokratischen Rechte der gesamten EU wahr – im Europaparlament gab es heute keine Abstimmung zu Griechenland, es wird auch keine geben. Ganz Europa schaute zu, wie der Bundestag entscheidet.
Doch vor allem die Sozis gehen mit ihrer Verantwortung falsch um. Es wäre ihre Pflicht gewesen, zusammen mit den Genossen in Athen und Brüssel Alternativen zum Crash-Kurs der Konservativen zu entwerfen und Bedingungen für ihre Zustimmung zu stellen. Damit hätten sie auch zeigen können, dass es sie mit der „europäischen Innenpolitik“ und der „Demokratisierung der EU“ ernst nehmen.
Wie hätten diese Bedingungen aussehen können? Man hätte die Zustimmung zum Beispiel von der Umsetzung der Beschlüsse des EU-Gipfels im Juni abhängig machen können, wo Frankreichs Präsident Hollande in Absprache mit den deutschen Sozis einen Wachstumspakt durchgesetzt hatte. Der Pakt war auch für Griechenland gedacht – doch er wird nicht umgesetzt.
Man hätte auch einen Gegenantrag einbringen können – mit Freigabe der Griechenland-Hilfen, aber ohne die zum Teil absurden Konditionen. Wenn man ganz mutig gewesen wäre, hätte man sich auch die Forderungen des IWF nach einem Schuldenschnitt und einer Abkehr vom einseitigen Austeritätskurs zu eigen machen können – denn der würgt nach neuen IWF-Analysen das Wachstum ab.
Ich will die neuen Maßnahmen nicht kritisieren (Steinmeier)
Dann hätte man ja gesehen, ob es Merkel & Co. ernst meinen mit den verbalen Bekenntnissen zu Wachstum – und ob sie bereit sind, Griechenland Luft zum Atmen zu geben. Dieser Ansatz wäre auch für Deutschland besser gewesen, weil die Bürger endlich Alternativen zum Merkel-Kurs erkennen könnten. Doch die Sozis haben es nicht gewagt. „Ich will die neuen Maßnahmen nicht kritisieren“, sagte Steinmeier.
Tja, wenn man nicht mal will…
P.S. Jetzt kommt heraus, dass Merkel erneut die eigene Kanzlermehrheit verfehlt hat. Aber was macht das schon – de facto regiert sie seit Beginn der Eurokrise mit Rot-Grün, und heute war wahrscheinlich der erste Tag der großen Koalition…
photo credit: nrwspd via photopin cc
ebo
30. November 2012 @ 23:27
Parteiwerbung will ich hier nicht haben, auch kein Bashing. Mir geht es darum, aufzuzeigen, dass wir eine aktive Opposition brauchen, um Griechenland und Europa wirklich voranzubringen. Es reicht eben nicht, den „alternativlosen“ Kurs von Merkel & Co. zu kritisieren, und ihn dann doch abzusegenen – denn erst dadurch wird er wirklich alternativlos…
melina
1. Dezember 2012 @ 03:30
@ebo
Dass du auf Deinem blog weder Parteienwerbung noch Bashing sehen möchtest, kann ich nachvollziehen und akzeptieren. Trotzdem wird sich eine, durchaus auch kontroverse, politische Diskussion nicht führen lassen, wenn die Parteien, also die aktiven Gestalter der Politik, nicht unter die Lupe genommen werden können, ohne dass man in die Basher-Ecke verwiesen
wird, wenn einem gerade mal die Galle hochkommt.
Wenn ich über eine sich formierende Minipartei lese, dass sie sich die menschenverachtende Ideologie eines Hayek auf die Fahne geschrieben hat, dann möchte ich mich dazu äußern können. Zur Untermauerung meines Abscheus hier ein Zitat von Hayek: »Eine freie Gesellschaft benötigt
moralische Bestimmungen, die sich letztendlich darauf zusammenfassen lassen, dass sie Leben erhalten: nicht die Erhaltung aller Leben, weil es notwendig sein kann, individuelles Leben zu opfern, um eine größere Zahl von anderen Leben zu erhalten. Deshalb sind die einzigen wirklichen moralischen
Regeln diejenigen, die zum »Lebenskalkül« führen: das Privateigentum und der Vertrag« (in: El Mercurio, Santiago/Chile 1981)
Seinen Ekel darüber zu bekunden, gehört nun mal zu einem freien Gedankenaustausch. Zumal solche aufkommenden Bewegungen/Parteien eine ganz fundamentale Gefahr für Europa darstellen. Konstruktive Kritik ist auf dieser Ebene (noch) nicht möglich, weil diese Kleinparteien wie die PFV noch keine politische Relevanz haben. Umso wichtiger ist es, seine Ablehnung
derartiger Gruppierungen ausdrücken zu können, bevor sie zum politischen Faktor werden, denn das neoliberale Wüten auf unserem Kontinent befördert das Erstarken rechter Strömungen in erschreckendem Maße. Außerdem: wenn es um die etablierten Parteien geht, wird heftige Kritik ja auch nicht als unerwünschtes Bashing empfunden.
Klar brauchen wir eine aktive Opposition, aber wir dürfen vor den aufkeimenden Strömungen auch nicht die Augen verschließen, denn das ist wirklich gefährlich.
melina
30. November 2012 @ 22:51
Jetzt weiß ich, um welche Gruppierung es sich handelt. Gruselig. Danke, bin schon
bedient!
raffael
30. November 2012 @ 20:30
Partei der Vernunft! Wurde u.a. von Oliver Janich gegründet..eine echte Alternative
lupe
30. November 2012 @ 18:41
Die Spezialdemokraten haben „Gerade einmal 24 Stunden … verbalen Widerstand geleistet“?
Nein, haben sie nicht, nicht einmal das, sondern nur so getan, als leisteten sie Widerstand.
melina
30. November 2012 @ 14:15
@Pessimist
Um welche „Partei der Vernunft“ soll es sich denn dabei handeln? Danke im voraus
für Aufklärung!
ebo
30. November 2012 @ 14:11
@pessimist Was ist denn die Partei der Vernunft?
@maurice Nun ja die DDR ist auch pleite gegangen, nachdem sie sich einen „Bailout“ von der BRD besorgt hatte…
@melina siehe oben
Pessimist
30. November 2012 @ 14:00
Opposition,das ich nicht lache. Dort wo die Grünen in der Verantwortung sind gibt es nur kaos.
Die roten socken von SPD, und Ihr Kanzlerkanditat der beste Freund der Banken“ Steinbrück „werden alles Unternehmen das diese auch weiterhin in Griechenland gut verdienen.
Wass glauben Sie, was dennen der normale Michel wert ist“ Nichts!.
Aber wählt diese Vollpfosten nur ruhig im nächsten Jahr,und Ihr werdet sehen es kam noch schlimmer.
Deshalb die Partei der Vernunft wählen.
ola
2. Dezember 2012 @ 12:36
Warum soll ich gleich Rechtsextreme und Neoliberale wählen? Hab ich jetzt nicht so ganz verstanden.
melina
30. November 2012 @ 13:58
@ebo Genau so ist es! Erst groß die Backen auflbasen, einen auf trotzig machen und dann doch hinter Muttis Hosenbeinen herlaufen. Mist ist ein viel zu freundliches Wort dafür.
Die SPD hat ihre sozial-demokratische Legitimation schon so lange verloren, dass man sich kaum noch daran erinnert, wofür sie einmal stand. Von den grünen Besser-essern will ich gar nicht erst reden, denn die hatten noch nie eine. Einzig die Linke hat eine klare Haltung und steht zu ihrem Wort. Ich könnte mir vorstellen, dass auch die Linke ihre Position überdenken würde, wenn die barbarische „Konditionalität“ der Hilfen wegfallen oder stark gemildert würde und dass sie mit der SPD zu einem Konsens gelangen könnte. Das wird von der SPD aber nicht gewollt, weil man mit rigoroser Abgrenzung zur Linken im trüben Teich der Mitte fischen will.
Was den sogenannten Wachstumspakt (120 Mrd Euro, wenn ich mich recht erinnere) angeht, so war das kein Verhandlungserfolg von Hollande, denn diese Gelder waren längst vorher freigegeben. Sie werden bewusst zurückgehalten, damit auch nicht der geringste Spielraum im Austeritätsdiktat auftauchen kann. Ein ganz perfides Detail im neuen Hilfspaket liegt übrigens im Rückkauf-Programm der Staatsanleihen ver-borgen: griechische Pensionsfonds halten derzeit Anleihen von etwa 8 Mrd des Nominalwertes und die sollen natürlich mit verramscht werden. Den Kürzeren ziehen dann mal wieder die Rentner. Der Merkel-Truppe und ihren rot-grünen Wasser-
trägern ist das völlig schnuppe.
In einem muss ich Dir widersprechen: es sind eben genau die Bürger, die keine Alternative zum Merkel-Kurs wollen, denn die sehen in ihr die Hüterin ihrer Spargroschen und es ist auch ihnen völlig schnuppe, wer bei der Verteidigung des deutschen Geldbeutels draufgeht.
Inzwischen bin ich wirklich davon überzeugt, dass Griechenland nicht gerettet, sondern geopfert werden soll.
maurice
30. November 2012 @ 13:36
Wie weiland in der Volkskammer der DDR