Die Wende?

Bei ihrem Treffen auf Zypern machen die Euro-Finanzminister auf Optimismus. Die Lage in der Eurozone habe sich stabilisiert, der ESM könne schon Ende Oktober in Kraft treten, sagte Währungskommissar Rehn. Eurogruppenchef Juncker kündigte zudem eine Erklärung an, mit der die deutschen Vorbehalte zum ESM umgesetzt werden sollen. Ist das die Wende, hat die Eurokrise ihren Höhepunkt überschritten?  

“Die Eurozone hat Erfolgsgeschichten”: Mit diesen Worten feierte IWF-Chefin Lagarde die jüngste Entwicklung. Die Französin freute sich nicht nur über das umstrittene Anleiheprogramm der EZB (“Der IWF heißt den OMT willkommen”), sondern auch über die “gute Arbeit”, die in Griechenland geleistet werde. Ausdrücklich hob sie Irland und Portugal hervor, wo der Spar- und Reformkurs erste Früchte zeigte.

Schön wär’s. Die Realität sieht anders aus. In Portugal zerbricht gerade der parteiübergreifende Sparkonsens; die von der Troika geforderten neuen Steuererhöhungen und Sozialkürzungen bringen die Sozialisten auf die Palme. In Irland werden nach einem Pressebericht weitere Sparmaßnahmen fällig, wenn die Regierung die Vorgaben von EU und IWF erfüllen will. In Griechenland stoßen die Forderungen der Troika nach Einführung der Sechs-Tage-Woche und Aushöhlung der Arbeitsgesetze auf massiven Widerstand.

Sorgen bereitet den Euro”rettern” zudem Spanien, das sich weigert, einen neuen Hilfsantrag zu stellen, um in den “Genuss” des Anleiheprogramms der EZB zu kommen. Wenn die Regierung in Madrid weiter zögert, dann könnten die Märkte nervös werden und den Zinsdruck wieder erhöhen. Wenn sie hingegen einknickt und um Hilfe ruft, besteht die Gefahr, dass die dann fälligen Sparauflagen die Rezession weiter verschärfen und die Krise erneut anheizen.Der belgische Wirtschaftswissenschaftler P. De Grauwe warnt davor, dass die EZB als “Gegenleistung” für ihre Unterstützung mehr Austerität fordern könnte. “Die EZB darf die Länder nicht auffordern, in den Abgrund zu springen, bevor sie ihnen zu Hilfe kommt”, schreibt er auf “Social Europe”. Und der britische Finanzexperte A. Kaletsky prophezeit auf seinem Reuters-Blog bereits, dass die “Euphorie” an den Märkten schon bald wieder der Ernüchterung weichen werde.

Es wäre also verfrüht, von einer Wende zu sprechen. Schließlich haben wir ähnliche Phasen der Beruhigung auch schon früher erlebt (z.B. nach der Annahme des Fiskalpakts), und danach hat sich die Krise noch mehr ausgeweitet. Nur eine Gefahr scheint vorläufig gebannt: die eines Rauswurfs Griechenlands aus dem Euro. Der “Grexit”, so sind sich in Zypern heute alle Euro”retter” einig, stehe nicht auf der Tagesordnung.

Was wohl Herr Rösler dazu sagt?