Die Wende? (II)

Kaum hat sich die Eurokrise etwas beruhigt, sorgen die Euro“retter“ wieder für Verwirrung. Neben dem umstrittenen Anleihekaufprogramm der EZB ist nun auch wieder ein „Finanzhebel“ für den Rettungsschirm ESM im Gespräch. Außerdem könnten die geplanten neuen Hilfen für Griechenland, Spanien und Zypern verschoben und erst im November in einem Gesamtpaket beschlossen werden, wie die FTD berichtet. Offenbar will man auf die US-Wahlen Rücksicht nehmen…

Es ist kaum zehn Tage her, da verkündeten die EU-Finanzminister auf Zypern den Durchbruch in der Eurokrise. Man habe „Erfolgsgeschichten“ und werde bald auch die Probleme in Griechenland und Spanien lösen, gaben sich Eurogruppenchef Juncker und IWF-Chefin Lagarde sicher. Spätestens beim EU-Gipfel Mitte Oktober sollten die Entscheidungen fallen (siehe dazu auch mein Eintrag “Die Wende?”).

Doch nun ist plötzlich wieder alles anders. Spanien verhandelt hinter den Kulissen in Brüssel zwar bereits über die Konditionen für einen neuen Hilfsantrag, spielt jedoch auf Zeit. In Griechenland tun sich immer neue Finanzlöcher auf; der „Spiegel“ meldet eine Deckungslücke von 20 Mrd. Euro. Aus Verärgerung ist die internationale Troika am letzten Freitag vorzeitig aus Athen abgereist. Mit dem Bericht der Aufseher wird nun erst Mitte Oktober oder gar November gerechnet – wahrscheinlich zu spät für den EU-Gipfel, aber nicht zu früh für die US-Wahl, die durch eine kontroverse “Grexit”-Entscheidung gestört werden könnte…

Und so kommen nun alle möglichen und unmöglichen Ideen und Vorschläge auf den Tisch. Teilweise sind sie schon mehr als ein Jahr alt – wie die Idee, den neuen Rettungsschirm ESM durch einen „Finanzhebel“ schlagkräftiger zu machen. Das hat zwar schon beim letzten Rettungsschirm EFSF nicht funktioniert. Doch die Euroretter wollen es offenbar aufs Neue versuchen. Nach einem Bericht des „Spiegel“ soll der ESM mithilfe privater Investoren von derzeit 500 Mrd. Euro auf zwei Billionen Euro aufgeblasen werden. 

Bundesfinanzminister Schäuble bestätigte entsprechende Überlegungen, wollte sich jedoch nicht auf eine Zahl festlegen. Die zwei Billionen seien viel zu hoch, ließ Schäuble verkünden. Offenbar war nicht nur die Opposition, sondern auch die Regierungskoalition nervös geworden. Schließlich ist der ESM gerade erst von den roten Roben in Karlsruhe abgesegnet worden – mit strikten Haftungsobergrenzen für Deutschland. Da passen diese Zahlen nicht ins Bild.

Allerdings passen sie sehr wohl zu dem Eindruck, dass die Euro“retter“ dem Anleiheprogramm der EZB nicht so recht über den Weg trauen. Offenbar wollen sie eine weitere Sicherung einbauen – z.B. für den Fall, dass Spanien am Ende doch keinen Hilfsantrag stellt, oder dass die EZB vorzeitig aus einem Stützungsprogramm aussteigt. Dies wiederum dürfte die Märkte skeptisch machen. Die Eurokrise ist wieder da – größer und schöner als je zuvor…

…was offenbar auch Herman Van Rompuy so sieht. In einem per Twitter (!) verbreiteten Video mahnt er die Eurochefs zu Eile. Für eingefleischte Herman-Fans hier der Streifen. Dem einen oder andereren dürfte er wenigstens ein Lächeln entlocken…