Das Betrugs-Szenario
Werden wir um die Europa-Wahl betrogen? Die Indizien häufen sich. Kanzlerin Merkel, Ratspräsident Van Rompuy und andere EU-Chefs haben Pläne ausgeheckt, um die Kontrolle zu behalten – zur Not mit einem Coup.
Erst beraumte Van Rompuy einen EU-Sondergipfel ein – nur zwei Tage nach der Europawahl sollen die Chefs hinter verschlossenen über die Ergebnisse und mögliche Konsequenzen diskutieren.
Dann gab er verräterisches Interview in der „Süddeutschen“, in der er vom Konzept der Spitzenkandidaten abrückte.
„Ich bin kein begeisterter Anhänger dieser Idee mit den Spitzenkandidaten“, so Van Rompuy. Denn die Wähler wurden sich doch weiter vor allem von nationalen Interessen leiten lassen.
Mit dieser Bemerkung löste Van Rompuy einen Aufschrei der beiden Frontrunner Schulz und Juncker aus. Doch völlig unrecht hat er nicht: In Deutschland plakatiert die CDU nicht etwa ihren europäischen Spitzenmann, sondern Frau Merkel.
Ein Trick, um Juncker nach der Wahl leichter entsorgen zu können?
Coup in drei Akten
Es gibt sogar schon ein Szenario, wie sich die Chefs über den Wählerwillen hinwegsetzen könnten. Erster Akt: am Wahlabend stellt sich heraus, dass der Wahlsieger keine Mehrheit im Europaparlament hat (nach den Umfragen ist dies sehr wahrscheinlich).
Zweiter Akt: Juncker zieht seine Kandidatur für die Kommission zurück, Schulz steht nun allein im Regen, ohne Mehrheit.
Dritter Akt: Bei ihrem Sondergipfel nach der Wahl nominieren die Chefs Juncker zum neuen Ratspräsidenten – das liege dem ehemaligen Eurogruppenchef ohnehin mehr, heißt es.
Schulz ginge in diesem Szenario leer aus. Wenn es dumm läuft, könnte der SPD-Spitzenkandidat nicht einmal einfacher EU-Kommissar werden (angeblich möchte Merkel erneut ihren Parteifreund Oettinger für Brüssel nominieren).
Kein Wunder, dass SPD-Chef Gabriel ausrastet. Er fürchtet nicht nur einen Betrug am Wähler, sondern auch an der SPD. Die Genossen haben es nämlich versäumt, ihren Kandidaten im Koalitionsvertrag abzusichern.
Erst am Wahlabend, in einem Sonder-Koalitionsausschuss, wollen CDU/CSU und SPD die heikle Personalie regeln…
Morgen in Teil 3: Merkels ganz große Koalition (Teil 1 erschien gestern unter dem Titel „Erst Wahl, dann Farce“) Siehe auch meine aktuelle Umfrage.
cashca
29. Mai 2014 @ 23:28
Mensch Leute, das kennen wir doch mittlerweile.
Die Merkel täuscht alle , legt alle aufs Kreuz, wenn es ins Konzept passt.
Diese Person ist ein ganz hinterhältiges Frauenzimmer.
Das sollte mittlerweile jeder wissen. Sogar, oder auch Herr Schulz. und Co.
heiko
22. Mai 2014 @ 12:10
Was immer bei der Europa“wahl“ herauskommt – Ich erkenne die Rechtmäßigkeit nicht an und distanziere mich von jeglicher Art der „Regierung“ und ihrer Politdarsteller. Regierungen benötigen Legitimität nur um ihre Verbrechen zu rechtfertigen. Gute Taten brauchen keine dahergewählte Legitimität. Ich wähle mich bestenfalls selber, denn nur ich allein kenne meine Interessen, Vorlieben und Wünsche. Und das sollten alle denkenden Wesen !
Michael
14. Mai 2014 @ 07:25
Dass der Europäische Rat dem Parlament einen (genau einen) Kandidaten für den Kommissionspräsidenten vorschlägt und das Parlament danach diesen Kandidaten nur entweder annehmen oder ablehnen kann (also dass z.B: das Parlament sich nicht zwischen mehreren Kandidaten entscheiden kann, sondern allenfalls den ersten ablehnen und abwarten, welchen Vorschlag der Rat als nächstes macht), steht so im Vertrag, für jeden, der lesen kann. Die Idee, dass sich aus dem Ergebnis der EP-Wahl quasi automatisch ein vorzuschlagender Kandidat ergibt, war von einigen Fraktions- oder Parteivertretern lanciert worden, die hoffen, dadurch eine Massenbegeisterung wie für Obama auszulösen; dabei ist dieses Verfahren schon deshalb fragwürdig, weil in einer Verhältniswahl nur selten eindeutige Mehrheiten zustandekommen, die nicht noch durch die Organisation einer Koalition verändert werden können. (Eindeutiger als Merkel konnte man in den letzten Jahrzehnten eine Bundestagswahl nicht gewinnen; aber dennoch hätte auch eine Regierung mit einem anderen Kanzler gewählt werden können). Und das Prinzip der Verhältniswahl ist unionsrechtlich festgeschrieben. Schließlich hat Merkel kein Geheimnis daraus gemacht, dass für sie kein Automatismus existiert.
Wenn also jemand anders Kommissionspräsident wird als der „Spitzenkandidat“ der Partei mit der größten Zahl an Abgeordneten im EP, kann man nur denjenigen ein Täuschung der Wähler vorwerfen, die die Komödie mit den Spitzenkandidaturen mitgespielt haben. Übrigens: Gesetzt den Fall, die Christdemokraten (Volkspartei) hätten, sagen wir mal, 211 Abgeordnete, die Sozialdemokraten 205 (von insgesamt 751!), könnte man ja kaum von einem eindeutigen Willen der Wähler reden (sowohl Volkspartei als auch Sozialdemokraten hätten jeweils mehr als 70% der Abgeordneten gegen sich.
Peter Nemschak
14. Mai 2014 @ 08:56
Fürwahr ein seltsames Konstrukt diese EU, nicht dazu angetan, Begeisterung für einen europäischen Bundesstaat zu wecken, allerdings nützlich um das wechselseitige Verständnis und Vertrauen der Mitgliedsländer am Laufen zu halten. Durch die gemeinsame Arbeit an verschiedenen Projekten ist der regelmäßige und häufige Kontakt auf Politiker- und Beamtenebene institutionell garantiert. Ob die Mehrheit der europäischen Bürger darüber hinausgehen will? Derzeit sieht es nicht danach aus.
ebo
14. Mai 2014 @ 09:15
Eine kleine Berichtigung: die Idee mit den Spitzenkandidaten wird auch von der EU-Kommission unterstützt. Es ist also nicht nur Schulz‘ Ding. Im übrigen haben sich einige Staaten wie Italien oder Österreich ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass der Wahlsieger Kommissionspräsident wird. Das Problem liegt deshalb durchaus bei Merkel, die mit Cameron und Hollande kungelt und offenbar nicht bereit ist, auch nur einen Zentimeter ihrer Macht abzugeben.
Peter Nemschak
14. Mai 2014 @ 09:44
Sich für etwas aussprechen, kostet politisch nicht viel. Wären die genannten Staaten auch bereit, eine Vertragsänderung zu unterstützen? Ich behaupte nein, weil die Mehrheit ihrer eigenen Bürger eine Übertragung von mehr Souveränität an die EU nicht will. Was Großbritannien ausspricht, getrauen sich andere nicht laut zu sagen. Die EU ist für nationale Regierungen, auch wenn sie sich pro-EU präsentieren, ein bequemer Buhmann, um innenpolitische Probleme nach außen zu projizieren. Wir würden ja gerne…..aber die in Brüssel…..
ebo
14. Mai 2014 @ 10:40
Für mehr Demokratie braucht es keine Vertragsänderung. Die Chefs müssten einfach das Votum der Bürger akzeptieren. Wenn sie dies verweigern, beschädigen sie das Europaparlament, die Europawahl und damit die gesamte EU. Genau darum geht es Cameron, Merkel spielt ein gefährliches Spiel.
Peter Nemschak
14. Mai 2014 @ 11:14
Mehr Legitimität des EP würde dadurch entstehen, wenn die Bürger Alternativen zwischen „europäischen“ Abgeordneten statt zwischen „nationalen“ Abgeordneten hätten, die von den nationalen Parteien in das EP entsandt werden. Durch den derzeitigen Set-Up werden rein nationale mit europäischen Belangen vermischt, wobei im Wahlkampf erstere im Vordergrund stehen. Nationaler Protest, sichtbar durch das Erstarken des Rechtspopulismus in den Mitgliedsländern, wird dadurch auf europäischer Ebene wiederholt. In Wahrheit hängt das EP an den Ketten der nationalen Parlamente und die Kommission an denen der nationalen Regierungen.
rundertischdgf
13. Mai 2014 @ 19:48
Schon vor der Wahl lockt man als Hütchenspieler die Wähler an. Z.B. die gespielte Empörung der CSU zusammen mit der Bildzeitung!
http://rundertischdgf.wordpress.com/2014/05/13/die-politischen-falschspieler-der-csu-vereint-im-konzert-mit-bild-und-anderen-gazetten/
Peter Nemschak
13. Mai 2014 @ 10:43
Was immer bei der EU-Wahl herauskommt, an der strukturellen Governanceproblematik dieses Staatenbundes wird sich solange nichts ändern, als die Bürger der Mitgliedsstaaten nicht bereit sind, bedingungslos Souveränität an gemeinsame supranationale Institutionen abzugeben. Die aktuell anstehenden Personalfragen sind sekundär, aber eindeutige Indizien für die erwähnte Problematik. Der politische Diskurs, wie die EU in Zukunft strukturiert und geführt werden soll, muss in den nationalen Parlamenten stattfinden. Das EU-Parlament ist dafür nicht das geeignete Forum.
ebo
13. Mai 2014 @ 11:00
Stimmt, es geht um Souveränität. Genau deshalb soll der Souverän jetzt ja auch sprechen. wir haben es hier aber mit rivalisierenden Interessen verschiedener EU-Institutionen zu tun; der Lissabon-Vertrag gibt keine eindeutige Antwort. Wenn es zudem von mir skizzierten Coup des Rates kommen sollte, könnte das EP den EuGH anrufen. Das verspricht mehr Erfolg, als auch 28 nationale Parlament zu warten. Allein schon die Briten würden alles verschleppen…
Peter Nemschak
13. Mai 2014 @ 11:24
Wissen wir überhaupt, ob die Mehrheit der europäischen Bürger am Status Quo etwas ändern will? Ein europäischer Bundesstaat, selbst auch der Weg in diese Richtung durch die Hintertür wird bei vielen auf Widerstand stoßen: die EU ist gut, solange sie sich nicht in nationale Belange einmischt. Leider tut sie das in Angelegenheiten, die besser auf nationaler oder einer Ebene darunter gelöst werden können. Auf internationaler Ebene, dort wo sie potentiell ihre Stärke ausspielen könnte, macht sie eine weniger gute Figur. Die rivalisierenden Interessen der EU-Institutionen – ein nicht unerwarteter Zustand im gegebenen Set-Up – vor dem EuGH auszutragen, wird nicht dazu beitragen, dem Bürger die Sinnhaftigkeit der EU nahe zu bringen. Die EU wird auf diese Weise ein Projekt der nationalen und EU-Chefs bleiben. Die Frage, was mit den Briten geschieht, darf nicht ewig auf die lange Bank geschoben werden. Hopp oder Tropp.
Peter Nemschak
13. Mai 2014 @ 12:06
Allein die Idee, Schulz im Rahmen eines deutschen Koalitionspaktes „abzusichern“, muss für alle nichtdeutschen EU-Bürger kurios erscheinen. An einer mutigen, d.h. von den nationalen Parlamenten zu verhandelnden Reform der Governance der EU, die natürlich Risiken in sich birgt, führt kein Weg vorbei.
e.c.
13. Mai 2014 @ 17:29
Könnte denn die EVP eine Klage ‚gegen Merkel‘ unterstützen? Und wer wird dann formal klagen – einen gewählten Parlamentspräsidenten gibt’s in dem Fall ja nicht.
Meinereiner
13. Mai 2014 @ 11:48
An diesen Selbstbedienungsladen für abgef*ckte Politiker auch noch Souveränität abgeben? Ich musste heute morgen laut lachen, als ich im Radio hörte, dass Öttinger zwischen Kiew und Moskau in Gasfragen vermitteln soll. Ich hoffe, der kann besser Russisch als Englisch. Hier rächt sich, dass man die 5. Wahl nach Brüssel schickt. Ne, zurück zur Zollunion, und in diesem Zuge bitte auch die Grenzen wieder kontrollieren, es reicht langsam mit den Osteuropäischen Banden, die unkontrolliert ihre Hehlerwaren über die Grenze verschieben können.
Großreiche funktionieren nicht, wenn die EU so weiter macht haben wir in ein paar Jahren Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse hier. Und das ist zumindest mir die EU bei weitem nicht wert, nicht in dieser Lobbyverseuchten Form! Europa ja, aber nicht auf diese Weise!
Peter Nemschak
13. Mai 2014 @ 12:20
Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass die heimischen Politiker im nationalen Kontext besser geeignet wären Ihre Interessen zu vertreten? Personen sind wichtig, aber sekundär wenn die Strukturen, der Kontext, in dem sie agieren, nicht stimmt. Selbst im Nationalstaat stellt sich die Frage, was zentral oder besser dezentral zu entscheiden ist. Die EU, aber auch so manche ihrer Mitglieder, sind, was einen gesunden Föderalismus betrifft, noch weit davon entfernt.
Claus
13. Mai 2014 @ 10:31
Demokratie in der EU gerät immer mehr zur Farce.