Die Wahl ändert nichts

Zehn Tage nach der Europawahl präsentiert die EU-Kommission ihre “länderspezifischen Empfehlungen” zur Wirtschaftspolitik. Und siehe da: es ändert sich nichts. Es ist, als hätte die Wahl nie stattgefunden. Nur die Rhetorik wird etwas aufgehübscht.

Es ist eine der vielen bürokratischen Prozeduren, die auf deutsches Drängen während der Eurokrise eingeführt wurden: das “Europäische Semester” mit den “länderspezifischen Empfehlungen”.

Zur Prozedur habe ich in diesem Blog bereits alles Nötige gesagt (“Ein bürokratisches Monstrum”). Nun soll es um die Inhalte gehen. Leider gibt es auch da nicht viel Gutes zu berichten.

Zwar empfiehlt die Kommission Deutschland, die Binnennachfrage zu fördern und Investitionen anzustoßen. Es heißt nicht mehr: Austerität für alle, sondern “Building growth”.

Die Rhetorik wurde also aufgehübscht. Doch im Kern ist die Empfehlung für Berlin nicht neu. Und am generellen Konsolidierungskurs hält Brüssel sowieso  fest, wie auch die “FAZ” konstatiert.

Vor allem Frankreich soll mehr sparen, insbesondere im Renten- und Gesundheitssystem. Dass der SPD-Spitzenkandidat Schulz mehr Nachsicht mit Paris forderte, ist bei der Kommission wohl nicht angekommen.

Auch dass sich fast alle Spitzenkandidaten im Wahlkampf für eine andere Prioritätensetzung – Growth and Jobs first – ausgesprochen haben, wird geflissentlich übersehen.

Dass die EU-Politik nur noch von einer Minderheit der Wähler goutiert wurde, geht völlig unter. Man müsse am bewährten Kurs festhalten, so Kommissionschef Barroso, der Mann auf Abruf.

Sekundiert wurde er von Währungskommissar Rehn, der nach ein paar Wochen Wahlurlaub zurück in Brüssel ist und so tat, als wäre nichts geschehen – dabei endet auch sein Mandat bald.

Es ist, als hätte die Wahl nie stattgefunden. Aber genau so soll es ja auch sein im deutschen EUropa. Berlin gibt – ganz “ordoliberal” – die Regeln vor, die EU-Länder haben zu folgen. Immer. Automatisch.

Das Wahlergebnis ist dabei völlig belanglos. Dasselbe wird übrigens auch für den Barroso-Nachfolger gelten – selbst, wenn er am Ende doch noch Juncker heißen sollte…