Die Schuld der Gläubiger

Griechenland gilt als größter „Schuldensünder“. Doch derzeit sind es die Gläubiger, die sich an dem Land versündigen. Vor allem Deutschland und der IWF spielen mit dem Feuer – genau wie 2015.


Der IWF beurteilt die Lage in Griechenland wesentlich pessimistischer als Deutschland und fordert spürbare Erleichterungen bei den Schulden. Die Eurostaaten sollten auf Forderungen verzichten, so die Experten.

Dies lehnt Finanzminister Schäuble (CDU) aber kategorisch ab. Ebenso kategorisch fordert er, dass der IWF sich am laufenden 86-Milliarden-Euro-Programm beteiligen soll.

Andernfalls müsse Deutschland die Notleine ziehen – die Hilfe wäre beendet, der Grexit (an dem Schäuble bereits seit 2015 arbeitet) unvermeidbar.

Zwar sind nicht alle der Meinung, dass der IWF an Bord bleiben muss. So hat sich der Vorsitzende der größten Fraktion im Europaparlament, Weber (CSU), dafür ausgesprochen, den IWF ziehen zu lassen und durch den Eurorettungsfonds ESM zu ersetzen. Doch CDU-Fraktionschef Kauder widersprach; das sei eine „Einzelmeinung“.

In der GroKo liegen die Nerven blank

Seitdem liegen die Nerven blank. Der Streit spaltet nicht nur die Union, sondern auch die Große Koalition. Außenminister Gabriel (SPD) warnte Kanzlerin Merkel davor, in Griechenland eine „Amputation“ zu versuchen. Athen müsse unbedingt im Euro gehalten werden; im Wahljahr 2017 könne man sich keine neue Krise leisten.

Die große Frage ist nun, wie die deutsche Blockade gelöst werden kann. Im Kanzleramt denkt man offenbar an einen Trick: Um die Bedenken des IWF zu zerstreuen, soll Athen neue Einschnitte vornehmen. Gleichzeitig könnte der Währungsfonds weniger in das Hilfsprogramm einzahlen.

Es wäre ein Deal zu Lasten der Griechen. Er sieht vor, dass die Renten erneut gekürzt werden (zum 12. Mal seit Beginn der Krise 2009), und dass die Steuerbasis „verbreitert“ wird, indem Niedriglohn-Empfänger zur Kasse gebeten werden. Außerdem soll sich Athen verpflichten, die Austeritätspolitik über 2018 hinaus fortzusetzen.

Athen will nicht noch mehr kürzen

Doch wie realistisch ist das? Die Positionen hätten sich angenähert, sagte ein Schäuble-Sprecherin. Er rechne mit einer Beteiligung des IWF, gibt sich sich Kanzleramtsminister Altmaier optimistisch.

Für Griechenland geht die Rechnung aber nicht auf. Seine Regierung werde „nicht einen Euro mehr sparen“, drohte Premierminister Tsipras. „Wir können die Renten nicht noch weiter kürzen“, warnte Arbeitsministerin Achtsioglou. Der IWF solle die Forderung fallen lassen.

Ob der Währungsfonds seine Haltung noch einmal überdenkt, ist unklar. Beim Treffen der Eurogruppe am Montag wird noch keine Entscheidung erwartet.

Am Ende entscheidet Berlin

Schäuble und seinen Kollegen geht es zunächst darum, Griechenland zu neuen harten „Reformen“ aus dem laufenden Hilfsprogramm zu drängen und die Troika erneut nach Athen zu schicken.

Der Streit mit dem IWF hingegen soll nicht in Brüssel, sondern in Berlin gelöst werden. Am Mittwoch wird IWF-Chefin Lagarde in der Hauptstadt des deutschen Europa erwartet.

Es ist wie 2015: Auch damals wurden die entscheidenden Weichen im Kanzleramt gestellt. Die Eurogruppe am Montag ist nur das Vorspiel für ein neues Drama. Schuld sind die Gläubiger.

Siehe auch „Es wird wieder ernst“