Die Schäuble-Doktrin

Ungewöhnlich brüsk hat Finanzminister Schäuble den Hilfsantrag aus Athen abgelehnt. Warum eigentlich? Seine Begründung ist wenig erhellend. Geht es am Ende gar nicht um Griechenland?

Vertragstreue, Budgetdisziplin, Schuldendienst: In seinem Antrag liefert Finanzminister Varoufakis seinem deutschen Amtskollegen wenig Angriffsflächen.

Höhere Schulden oder gar höhere Kosten für Deutschland muss Schäuble nicht befürchten, wenn er dem griechischen Hilfs-Begehren statt gibt. Worum geht es dann?

Ich denke, es geht gar nicht in erster Linie um Griechenland. Es geht zum einen darum, die Linke in die Schranken zu weisen – und die AfD zu schwächen.

Er bedient die nationalen Reflexe

Dies ist ein wichtiges innenpolitisches Motiv. Schäuble bedient die nationalen und egoistischen Reflexe in Deutschland, um die CDU/CSU an der Macht zu halten.

Dann gibt es ein außenpolitisches Motiv. Der Mann, der sich gern als überzeugter Europäer präsentiert, will die deutsche Dominanz in EUropa sichern.

Er duldet keinen (Finanz-)Politiker neben sich – schon gar keinen Juncker, der aus der Eurokrise noch ein paar offene Rechnungen mit Schäuble zu begleichen hat.

Er sieht überall “moral hazard”

Ausschlaggebend scheint aber die ökonomische Doktrin zu sein, bloß keinen falschen Anreiz zu geben. Schäuble wittert überall “moral hazard”, vor allem in dieser Krise.

Wenn er gegenüber Athen nachgibt, dann würden auch sofort die Reformen in Paris, Rom oder Nikosia einschlafen, so der Gedanke. Deshalb müsse man hart bleiben.

Doch wie kommt Schäuble eigentlich darauf, dass nur er weiß, was für EUropa gut ist, und welche Reformen wann wo gebraucht werden? Das ist anmaßend und undemokratisch.

Weder Wachstum noch Stabilität

Vor allem aber: Schäubles Doktrin hat Europa weder Stabilität noch Wachstum gebracht. Die Eurokrise ist immer noch nicht zu Ende, nach Rezession droht nun Deflation…