Die Krake

Immer neue Razzien, immer mehr Verdächtige: Hinter den Attentaten von Brüssel und Paris verbirgt sich ein krakenartiges Netzwerk, das größer ist als das Terrornetz vom 11. September.

[dropcap]N[/dropcap]och vor einer Woche galt Salah Abdeslam als der gefährlichste Terrorist Europas. Als er im Brüsseler Problemviertel Molenbeek (Spitzname: „Molenbeekistan“) festgenommen wurde, gratulierte sogar US-Präsident Barack Obama.

Belgien sei ein großer Schlag gegen den „Islamischen Staat“ (IS) gelungen, sagte der mächtigste Mann der Welt.

Doch nach den Attentaten von Brüssel, die am vergangenen Dienstag 31 Todesopfer und mehr als 300 Verletzte forderten, kommt eine andere, brutalere Wahrheit an den Tag.

Abdeslam war wohl nur eine Marionette in einem weitverzweigten Netzwerk des Terrors, das Brüssel und Paris im Würgegriff hält und jederzeit wieder zuschlagen kann.

„Die terroristische Verschwörung ist noch größer als bei den Attentaten, die am 11. November 2001 in New York verübt wurden“, beschreibt der französische „Figaro“ das „krakenartige Dschihadisten-Netz“.

Statt wie damals 19 haben die Ermittler bereits mehr als 30 Täter und Verdächtige identifiziert – und es werden täglich mehr.

Allein am Freitag haben die belgischen Behörden bei Razzien neun Verdächtige festgenommen, darunter auch den bisher fehlenden dritten Flughafen-Attentäter, Fayçal Cheffou.

Der Belgier, der auf Fahndungsfotos als „Mann mit Hut“ zu sehen war, wird der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und des Mordes bezichtigt.

Auch den französischen Behörden gelang ein Zugriff, bei dem ein kurz bevorstehendes Attentat vereitelt worden sein soll. In einem Vorort von Paris wurde der 34-jährige Franzose Reda Kriket festgenommen.

Er lebte eine Zeitlang im bürgerlichen Brüsseler Stadtteil Ixelles und soll Reisen zu den IS-Terrorlagern in Syrien organisiert haben.

„Wir vernichten das Terror-Netz“

„Wir sind im Begriff, das belgisch-französische Netzwerk zu vernichten“, erklärte Frankreichs Staatschef Francois Hollande nach der überraschenden Festnahme.

„Aber wir wissen, dass es noch andere Netze gibt, die Bedrohung besteht weiter.“ Wie bei einer Hydra wachse für jeden abgeschlagenen Kopf ein neuer nach, heißt es in Paris.

Diese Einschätzung teilen auch die belgischen Ermittler, die seit den Attentaten von Paris am 13. November 2015 eng mit den französischen Behörden zusammenarbeiten.

Sie haben in den letzten Tagen den Fahndungsdruck massiv erhöht und ganze Stadtviertel in der EU-Kapitale durchkämmt. Was sie dabei herausfanden, klingt bedrohlich.

(Fortsetzung hier)