Ironie der Eurokrise 2.0

Die Entscheidung der Eurogruppe, Griechenland ab Mittwoch seinem Schicksal zu überlassen, hat Krisensitzungen in ganz Europa und sogar in den USA ausgelöst. Dabei haben die “Euroretter” die Eurokrise 2.0 selbst verschuldet – und lange geplant.

Seit Monaten wird über einen möglichen Bruch zwischen Griechenland und seinen Gläubigern spekuliert. Schon im Januar streute die Bundesregierung das Gerücht, ein Grexit sei kein Problem, man habe alles im Griff. So ging es los.

Noch am vergangenen Freitag betonte Kanzlerin Merkel, ein „Plan B“ sei kein Thema. Doch nun ist der Ernstfall eingetreten. Aus dem Griechenland-Drama entwickelt sich die Eurokrise 2.0. Und siehe da: Die “Euroretter” sind ratlos.

Statt sofort einen Krisengipfel der Staats- und Regierungschefs einzuberufen, wie es früher einmal üblich war, haben sie den Bruch mit Griechenland wie einen Verwaltungsakt durchgewinkt.

Statt einen klaren Fahrplan für einen geordneten Ausstieg aus dem gescheiterten Hilfsprogramm vorzulegen, haben sie an Athen appelliert, für Stabilität im Finanzsystem zu sorgen.

Notbeatmung wird abgestellt

Das ist etwa so, als würde man einem Schwerverletzten die Notbeatmung abstellen und ihn dann noch bitten, für frische Luft zu sorgen.

Zynisch klingt auch die Beteuerung, man wolle Griechenland trotz allem unbedingt im Euro halten.

Das sagten die Finanzminister nur wenige Minuten, nachdem sie ihren Kollegen Varoufakis ein für alle Mal aus dem Raum heraus komplimentiert hatten!

Die bittere Wahrheit ist: Griechenland taumelt auf den ungeordneten Ausstieg aus dem Euro zu, der Grexit naht. Er wird nicht nur Hellas erschüttern, sondern ganz Europa.

Ist das unser Lehman-Moment?

Wenn es dumm läuft, erleben wir gerade den europäischen Lehman-Moment. Als die Amerikaner 2008 die Investmentbank Lehman Brothers pleite gehen ließen, dachten sie auch, das sei nur ein harmloser Verwaltungsakt.

Nun kann nur noch die Europäische Zentralbank das Schlimmste verhindern. Wie schon 2012, auf dem bisherigen Höhepunkt der Eurokrise, muss EZB-Chef Draghi für die Politik die Kohlen aus dem Feuer holen.

Dieselben, die Griechenland eben noch fallen ließen, hoffen nun, dass Draghi das Land doch noch rettet. Das ist die bittere Ironie dieser Eurokrise 2.0.

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