Die Geister, die sie riefen…
Schon wieder eine Bankenrettung: Portugal stützt das angeschlagene Geldhaus Espírito Santo mit EU-Geldern. Insgesamt werden 4,9 Mrd. Euro aus dem Hilfspaket für Lissabon locker gemacht. Die EU-Kommission gab grünes Licht – dabei verstößt sie gleich gegen zwei Prinzipien.
Erstens sollte die Ära der Bankenrettung in Euroland ein für allemal vorbei sein. Strauchelnde Institute sollten – wenn sie nicht systemrelevant sind – dicht gemacht werden.
Zweitens sollten keine öffentlichen Gelder mehr fließen. Bail-in statt Bailout, das hatten Eurogruppenchef Dijsselbloem und Finanzminister Schäuble landauf, landab verkündet.
Der Bruch dieser Versprechen ist umso ärgerlicher, als er auch noch in einem Land passiert, das gerade erst aus dem Euro-Rettungschirm entlassen wurde – Portugal.
Offenbar war die von den “Eurorettern” gefeierte Rückkehr an die Märkte voreilig. Sie kam kurz vor der Europawahl – und sollte beweisen, dass die Krise vorbei sei.
Die Bankenkrise ist es jedenfalls nicht. Im Gegenteil: Die “Euroretter” werden die Geister, die sie mit ihren jahrelangen milliardenschweren Bailouts riefen, nicht so schnell wieder los.
Espirito Santo könnte sich zum Präzendenzfall entwickeln, wenn irgendwo anders eine Bank wackelt. Wieso sollen wir unser Institut dicht machen, wenn es in Portugal EU-Hilfen gab?
So lautet ab sofort die Frage. Und wieso wurde auch diese Rettung über den Staat (Portugal) abgewickelt – und nicht über den Rettungsschirm ESM, der doch dazu neue Rechte erhielt?
Immerhin wird nun ein Teil des Pleitehauses in eine Bad Bank überführt. Und wie es aussieht, muss die Gründerfamilie von Espirito Santo bluten. Dennoch – der Geist ist aus der Flasche…
photo credit: Amendoas via photopin cc
Tim
6. August 2014 @ 11:30
Wie immer das klassische Signal unseres Qualitätsstaatenbundes: Liebe Banker, seid bitte so rücksichtslos wie möglich. Doch eigentlich ist es ja gar nicht mehr nötig. Die Welt weiß seit langem, wie sie die EU einzuschätzen hat: Bei uns ist im Zweifelsfall alles systemrelevant.
Die Artikelüberschrift bringt die Misere perfekt auf den Punkt.
Johannes
5. August 2014 @ 12:32
“Und wieso wurde auch diese Rettung über den Staat (Portugal) abgewickelt – und nicht über den Rettungsschirm ESM, der doch dazu neue Rechte erhielt?”
Weil ich dann als Bürger mich entgültig vom Euro verabschieden werde. Ich bin noch gerade so pro Euro, aber wenn das mit der Bankenunion kommt und die ersten Zahlungen laufen, wars das für mich entgültig mit dem Euro.
Banken und der Euro sind wichtiger als der europäische Frieden, okay, aber dann hat der Euro kein Exestenzrecht mehr für mich persöhnlich.
SPD, CDU und Grüne, Hand in Hand damit wir Bürger durch den Euro ärmer werden. Klingt eher anti-europäisch und anti.demokratisch 😉 *hahahahaha
winston
5. August 2014 @ 11:34
Zahlen wie in einem Krieg.
Mir absolut unverständlich warum sich Griechenland, angesichts solcher Horrorzahlen, sich nicht von diesem Euroklotz löst.
Sollen Sie sich doch den Russen, USA, Chinesen oder egal wer wenden, Hauptsache weg aus diesem Räuberverein EU. Da sind Kriminelle am Werk, die über Leichen gehen, aus beiden Seiten, Griechenland und EU.
https://pbs.twimg.com/media/BuN4GP4CQAA2lhE.jpg
Monti meinte Griechenland sei der grösste Erfolg des Euros, und gestern schoss Juncker in die gleiche Richtung, absolut skandalös.
DerDicke
5. August 2014 @ 08:59
Man kann keine Bank pleite gehen lassen. Kein Mensch weiß, welche CDS in dem Moment fällig würden. Die portugiesischen Banken sind außerdem stark mit den französischen verflochten, und denen geht es auch ohne Milliardenstrafen ziemlich schlecht.
Interessant wird es bei der Deutschen Bank, deren Derrivatevolumen bei ca. 50 Billionen € (europäische Billionen, nicht amerikanische Billions) liegen dürfte. Wenn da irgendetwas schief geht ist es kein “too big to fail”, sondern “too big to rescue”.
Nemschak
6. August 2014 @ 09:59
Die ES war keine europäische Systembank. Der Crédit Agricole hätte eine Insolvenz der ES durchaus verkraften können. Er verliert auch jetzt über Eur 700 Mio und hat schon eine Klage angekündigt. Die jetzige Lösung (Aktionäre und nachrangige Gläubiger verlieren während der Rest geschont wird) wird sicher bei Gericht enden mit ungewissem Ausgang für den europäischen Steuerzahler. Man kann sehr wohl Banken untergehen lassen, die meisten schon heute bevor noch die Bankenunion voll umgesetzt wurde. Wäre interessant zu erfahren, was die politische Gegenleistung Portugals an die EU, wenn es überhaupt eine gegeben hat, war.