Die Gaukler
Nur 15 Min. brauchten die EU-Chefs, um sich auf “Leitlinien” für den Brexit zu einigen. Doch die Einigung steht auf tönernen Füssen, eine Strategie steckt nicht dahinter. Auch die Briten machen sich etwas vor.
Wie konnte es zum Brexit kommen? Hat die EU etwas falsch gemacht – bei der Osterweiterung, der Freizügigkeit oder in der Flüchtlingskrise, die die Brexiteers für ihre Zwecke instrumentalisierten?
Und was soll passieren, wenn man sich mit UK nicht – wie geplant – in zwei Jahren auf eine gütliche Trennung einigen kann? Lässt man die Briten dann trotzdem ziehen, oder hält man sie zurück?
Auf all diese Fragen haben die 27 bei ihrem Sondergipfel keine Antwort gegeben. Alle Konflikte wurden unter den Teppich gekehrt, um die größte Geschlossenheit aller Zeiten vorzugaukeln.
Vor den Wahlen soll Ruhe herrschen
Im Super-Wahljahr – neben den Franzosen gehen auch noch Briten und Deutsche zu den Urnen – war wohl nichts anderes zu erwarten. Alle wollen Ruhe im Karton, um keine neuen Niederlagen zu riskieren.
Doch “Leitlinien” ersetzen keine Strategie. Die wäre aber dringend nötig, wenn sich die Maximalforderungen, die die 27 nun festgeschrieben haben, als unrealistisch oder nicht durchsetzbar erweisen.
Sie wäre auch nötig, wenn die Briten versuchen sollten, EU-Beschlüsse zu blockieren, um einen für sie guten “Deal” herauszuschlagen. Beim EU-Budget zeichnet sich diese Strategie bereits ab.
Der erste große Konflikt
Kurz vor dem Gipfel sind Kommissionschef Juncker und die britische Premierministerin May deshalb aneinandergeraten. Ein Dinner in Downing Street Nr. 10 brachte keine Lösung – im Gegenteil.
“Ich bin zehnmal skeptischer als zuvor”, sagte Juncker nach dem mißglückten Treffen. May lebe “in einer anderen Galaxie”. Die Wahrscheinlichkeit einer gütlichen Einigung sei unter 50 Prozent gesunken.
UK und die Rest-EU sind auf Crashkurs. Doch die EU-Chefs haben diese Gefahr bei ihrem Gipfel unter den Teppich gekehrt. Sie gaukeln den Bürgern vor, das Raumschiff Brüssel sei auf gutem Weg.
2018 wird es ernst
Mit Illusionen handelt auch Premierministerin May. Sie tut immer noch so, als sei der Brexit zum Nulltarif zu haben – und als könne am Ende ein neues, besseres Handelsabkommen stehen.
Wie es wirklich aussieht, dürfte erst nach den Wahlen in UK und in Deutschland herauskommen. In diesem Jahr dürfte die Galaxie der Gaukler noch dicht halten. Doch 2018 dürfte es zur Sache gehen…
kaush
1. Mai 2017 @ 12:46
Die Briten haben die Reißleine gezogen, um nicht vom Festland mit runter gezogen zu werden.
Merkel hingegen hat für den wirtschaftlichen und sozialen Abstieg Deutschlands und EUropas 2015 den Turbo gezündet, indem sie für Millionen junger und ungebildeter Männer, Tür und Tor geöffnet hat.
Fakten hierzu:
“Weltlage 2017: Demografie und Kompetenz”
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/weltlage-2017-demografie-und-kompetenz/
Wer sind jetzt die Träumer und Gaukler?
Peter Nemschak
1. Mai 2017 @ 07:53
Die Politiker machen nicht sich sondern uns etwas vor, und das (meist) mit Erfolg, weil wir nicht lernen.wollen, das politische Schauspiel als solches zu begreifen. Im Grunde kochen auch die Politiker nur mit Wasser. Was uns in ihren Memoiren als kluge Strategie verkauft wird, ist sehr oft nichts anderes als eine Aneinanderreihung von Ereignissen, denen im nachhinein eine Logik unterstellt wird. Letztlich sind auch die Politiker nur eine Zufallsauswahl aus der Bevölkerung und profitieren von der mangelnden Selbstkritik und Eitelkeit ihrer Wähler.
Peter Nemschak
30. April 2017 @ 16:59
Warum sollten sich die 27 bereits jetzt festlegen? Das wäre doch unsinnig. Es gibt zu viele unterschiedliche Abtauschobjekte bei den einzelnen Mitgliedsstaaten. Vielleicht werden auch andere austreten, zumindest aus der Eurozone, was wiederum eine neue Situation schaffen würde. Der wirtschaftliche Nutzen/Schaden wird bei den nationalen Kalkülen der Mitgliedsländer im Vordergrund stehen.