Die Follower aus Brüssel
Heute will Brüssel neue Leitlinien für Energiebeihilfen bekanntgeben. Doch schon vorher ist Wettbewerbskommissar Almunia vor Berlin eingeknickt: Die milliardenschweren EEG-Subventionen zugunsten der Industrie bleiben. Es ist nicht der einzige Kniefall vor Deutschland.
Eigentlich soll die EU-Kommission dafür sorgen, dass der Wettbewerb nirgendwo behindert wird. Doch bei der EEG-Umlage zögerte Wettbewerbskommissar Almunia viele Jahre, bis er endlich einschritt.
Obwohl zahllose Beschwerden aus Deutschland, aber auch aus den Niederlanden, Polen und anderen Nachbarländern vorliegen, ließ er sich dann auf Händel mit dem neuen Wirtschaftsminister Gabriel ein.
Nun ist Almunia offenbar ganz eingeknickt: Gabriel setzte Privilegien für energieintensive Firmen durch, meldet die „SZ“. Zuvor hatte Berlin sogar gegen das Beihilfeverfahren aus Brüssel geklagt!
Dreister geht es nicht mehr. Jahrelang verzerrt Deutschland den Wettbewerb, erobert Markanteile zu Lasten der europäischen Industrie. Und nun heißt es, man müsse die deutsche Industrie schützen!
Doch dies ist kein Einzelfall. Es ist nur das letzte Beispiel dafür, wie Berlin sich EUropa unterwirft und Brüssel aussticht. Hier nur ein paar Stichworte aus letzter Zeit:
- CO2-Grenzwerte für Neuwagen: Berlin hat einen fertigen EU-Kompromiss im Alleingang gekippt und industriefreundliche Grenzwerte durchgedrückt.
- Euro-Reform: Berlin hat die Brüsseler Masterpläne für eine „vollständige“ Währungsunion in den Papierkorb geworfen und stattdessen neoliberale „Reformverträge“ auf die Agenda gesetzt.
- Bankenunion: Berlin hat das ursprüngliche Vorhaben, die Banken von den Staaten zu entkoppeln, auf den Kopf gestellt und jede Menge Ausnahmen für deutsche Finanzinstitute herausgeschlagen.
Die Übervorteilung der EU-Partner hat Methode, wie jetzt der ehemaliger Berater von Kommissionspräsident Barroso, P. Legrain, enthüllte.
Wie die „FT“ berichtet, wirft Legrain der Kommission vor, sich seit der Eurokrise systematisch der deutschen Position unterworfen zu haben. Zitat:
“Rather than being sidelined, [the commission] chose to strategically align itself with Germany”, Mr Legrain told the FT. As a consequence of siding with Germany, he said, the commission was contributing to a split of the 28-member bloc into opposing camps. “The EU is now riven between creditors and debtors and the EU institutions have become an instrument for creditors to impose their will on debtors,” Mr Legrain said.
Vernichtend fällt auch Legrains Kommentar zur Barroso-Kommission aus:
The commission “has done quite well [in increasing its influence] in a technical sense,” he said. But “in a political sense it is weaker than ever”, he added. “It’s been a follower in the crisis rather than a leader.”
Dem ist nichts hinzuzufügen. Zum Glück werden die Follower aus Brüssel bald abgelöst. Bleibt zu hoffen, dass sie dem deutschen Europa wieder eine eigene Vision entgegensetzen…
photo credit: European Parliament via photopin cc
fufu
12. April 2014 @ 17:08
Herr Nemschak, ich habe in den 70ern als Deutscher ohne Probleme in England und Frankreich studiert, ohne Erasmus, und war seither mit Unterbrechungen in vier europaeischen Staaten sesshaft, alles ohne EU. Ich bitte um ueberzeugendere Beispiele.
Peter Nemschak
12. April 2014 @ 08:07
Personenfreizügigkeit, ein mobilitätsfreundliches Studiensystem….um nur zwei Beispiele zu nennen.
fufu
11. April 2014 @ 20:46
Herr Nemschak, anscheinend faellt inen auch kein ueberzeugendes Argument ein (bitte nicht die Friedenssicherung und der Mallorcaurlaub)
fufu
11. April 2014 @ 09:32
Ich habe bisher nicht ein einziges ueberzeugendes Argument gehoert, nicht ein einziges, das es mir (aus Sicht der Buerger natuerlich) plausibel macht, dass soviel Enegrgie vergeudet wird um dieses unnoetige Konstrukt EU aufrechtzuerhalten. Aus Sicht der Konzerne, der Banken, der Geostrategie und Machtpolitik sowie der Pensionen einiger Funktionaere natuerlich schon.
Peter Nemschak
11. April 2014 @ 10:16
Auch nationale Regierungen würden Energiehilfen geben bzw. haben sie gegeben, und sei es durch unbeschränkten Rückgriff auf Atomenergie. Nochmals, das Problem der EU beginnt bei den Nationalstaaten.
winston
11. April 2014 @ 06:29
Für mich ist der Euro das Problem schlechthin.
Es wäre niemals zu derartigen Kapitalverschiebungen von Mitteleuropa Richtung Südeuropa gekommen, hätten die Staaten ihre eigene Währungen behalten, weil das Risiko einfach zu hoch gewesen wäre.
Polen, ein Land das seine Währung beibehalten hat, ist die ganze Krise nahezu spurlos verbeigezogen, weil
a) Die Polnische Währung 2008 massiv abgewertet hat.
http://www.tradingeconomics.com/poland/currency
b) Polen die Staatausgaben massiv erhöht hat.
http://www.tradingeconomics.com/poland/government-spending
Als Brasilien und Südkorea ihre Dollarbindung ende der 1990er Jahre aufgaben, kam es dort nach anfänglichen Turbolenzen zu einer Atemberaubenden Wirtschaftserholung die noch heute anhält, und ich bin relativ sicher das Argentinien zu Brasilien aufschliessen wird, sobald die Kirchner ihren Platz räumt.
Peter Nemschak
11. April 2014 @ 08:53
Ich gebe Ihnen recht, der Euro hat massive Konstruktionsfehler. Hätte er diese nicht gehabt, wäre eine Korrektur viel früher erfolgt bzw. wären einige Staaten nicht beigetreten.
fufu
10. April 2014 @ 21:23
zustimmender leser, mit 17 hat man noch Traeume.
zustimmender leser
11. April 2014 @ 00:11
Später dann aber nicht mehr: „Der kleine Mann ist doch immer der Dumme“, „Die da oben machen ja doch nur was sie wollen“, „Wie soll den ein Staat ganz ohne König funktionieren?!“, etcpp.
fufu
10. April 2014 @ 08:55
Herr Nemschak, die Patentloesung fuer die richtigen Fragen die Sie angeschnitten haben hat wohl niemand. Aber die Diktatur der Wirtschaft, der „Sachzwaenge“, der „Alternativlosigkeit“ kann wohl einer Loesung nicht naeherbringen. Es waere echte Politik gefragt. Diese waere moeglicherweise sogar mehrheitsfaehig. Ohne jetzt a l l e Schuld der EU (und dem Euro) geben zu wollen, so haben die meisten Menschen doch erkannt dass diese Teil des Problems sind, und nicht die Loesung. Deshalb als erster Schritt Rueckkehr zu kleineren effizienteren souverainen Strukturen in denen die Menschen sich verstehen. Dann ist vielleicht sogar wieder Demokratie moeglich. Ansonsten landen wir in einem globalen Sklavenstaat.
zustimmender leser
10. April 2014 @ 13:28
Da bin ich anderer Ansicht: Weder EU noch Euro sind notwendigerweise selbst das Problem, es ist eher der aktuelle Umgang mit ihnen. Also zb. ihre Benutzung für nationale Ziele etwa der deutschen Wirtschaft. Eine EU kann grundsätzlich viel mehr in der Welt bewirken als Deutschland oder andere Länder alleine, also auch souveräner handeln. Und ich sehe auch keinen großen Unterschied zwischen den Menschen in den verschiedenen Ländern der EU, kaum größer jedenfalls als der Unterschied innerhalb Deutschlands zwischen den Regionen oder zwischen arm und reich, Stadt und Land, usw. Am ehesten sind es noch Sprachbarrieren und Klischees, überwindet man die, stellt man fest, dass „die Anderen“ auch nicht viel anders sind als man selbst.
Die Probleme sind in meinen Augen eher, dass die EU von CDU/EVP und Wirtschafts-Lobbyisten für ihre Ziele gekapert wurde, die Diktatur der Wirtschaft und der damit zusammenhängende Mangel an Öffentlichkeit, Transparenz und Demokratie. Dieselben Probleme gibt es aber auch national, und die selben Leute haben das ja so gewählt! Die EU macht ja auch jetzt schon viel gutes, Aufsehen erregt natürlich immer eher das Negative.
Stellen wir uns doch lieber eine bessere EU vor: wie müsste die aussehen, was wäre konkret zu ändern, wie kommt man beispielsweise dem ausufernden Lobbyismus bei, der da längst den Souverän, also uns alle, so lautstark übertönt. Oder wie kommt man zu mehr Demokratie und Mitbestimmung. Die Farce damals mit der EU-Verfassung,über die entweder gar nicht abgestimmt werden konnte, oder nur solange das Ergebnis „stimmte“ – mit solchen Sachen sägt sich die EU selbst den Ast ab, auf dem sie sitzt, nämlich die Zustimmung ihrer Bürger. Selber schuld, und in meinen Augen auch völlig unnötig. Es wäre durchaus eine EU-Verfassung möglich, die auch meine Zustimmung fände. Warum schreiben wir uns nicht zb. selbst gemeinsam eine und stimmen dann darüber ab – als souveräne EU-Bürger, ganz ohne Erlaubnis der ganzen Kommissare, Strippenzieher und grauen Eminenzen! Undenkbar?
Peter Nemschak
10. April 2014 @ 16:56
Nicht nur Deutschland, im Grunde alle EU-Mitglieder stellen ihre nationalen Interessen nach wie vor in den Vordergrund. In der Regel werden nicht die besten Politiker in die EU-Institutionen entsandt, sondern mittelmäßige und solche, die man versorgen will. Das Problem ist nicht die EU sondern sind die nationalen Parteien, welche Kandidaten für das EU-Parlament und de facto für die Kommission aufstellen. In Wahrheit müsste sich der Protest der Unzufriedenen gegen die jeweilige nationale Politik richten. Geschickterweise wird von den nationalen Politikern die EU als Buhmann benützt, insbesondere dann, wenn unangenehme EU-Bestimmungen national umgesetzt werden müssen: der „äußere Feind“ als nationaler Identitäts- und Gemeinschaftsstifter, vom Rechtspopulismus bis ins Unappetitliche getrieben, in milderer Form mehr oder minder deutlich auch bei den Parteien der Mitte spürbar.
Peter Nemschak
10. April 2014 @ 14:52
Ihr Wunsch in Gottes Ohr. Ich fürchte, der Geist ist aus der Flasche und nicht mehr in diese zurückzubringen. Gut, dass Zukunftspessimisten wie Sie in der Minderheit sind und es viele Menschen auf dieser Welt, auch in Europa, gibt, welche die Globalisierung als Chance erkennen und nicht als Unglück verdammen.
Peter Nemschak
9. April 2014 @ 22:01
@thewisemansfear Nicht alle Unternehmen sitzen auf großen Liquiditätspolstern. Die, die es tun, haben schlicht zu wenig Nachfrage, welche Investitionen lohnend machen würde. Dass die Zulieferkette gepresst wird, hat damit zu tun, dass auch die Großen im Wettbewerb stehen. Aus verschiedenen Gründen hat der Wettbewerb in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Viele, die sich davon beschwert fühlen, sind gleichzeitig Nutznießer: Reisen in ferne Länder sind für viele erschwinglich geworden, ein Mobiltelefon eine Selbstverständlichkeit, die vor wenigen Jahren einer kleinen Elite vorbehalten war. Plausible Lösungsvorschläge aus diesem Hamsterrad zu entkommen, die auch mehrheitsfähig wären, habe ich noch keine gesehen. Niemand außer Nostalgiker möchte gerne auf das bisher Erreichte verzichten, das Rad vierzig Jahre in eine vermeintlich bessere Vergangenheit zurückdrehen ohne die „Schmutzkonkurrenz“ aus Asien und den schier unerschöpflichen Markt im Einflussbereich der hoffnungslos unterlegenen Wirtschaften des ehemaligen Sowjetimperiums und seiner Satelliten.
zustimmender leser
10. April 2014 @ 09:11
Ähm, die billigen Mobiltelefone kommen doch aus China (Stichwort Foxconn mit seinen Arbeitssklaven), mit dem jetzt konkurriert werden „muss“. Heutzutage soll man sich ja schon jedes Jahr ein neues noch größeres Handy kaufen. Zum Wohle der Wirtschaft, auch wenn der Akku immer noch nur einen Tag hält, und um darauf dann kostenpflichtige Spiele mit „In-App-Käufen“ zu spielen – hurra Fortschritt. Ich persönlich bräuchte auch nicht 50 Sorten Marmelade im Supermarktregal oder den ganzen anderen Ramsch, den man heute angeblich unbedingt haben muss, weil er mit viel Marketing in den Markt gedrückt wird in der Wegwerfgesellschaft.
Und zum Thema „Aus verschiedenen Gründen hat der Wettbewerb in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.“, bzw. „Plausible Lösungsvorschläge aus diesem Hamsterrad zu entkommen, die auch mehrheitsfähig wären, habe ich noch keine gesehen.“ naja, einfach der neoklassischen Wirtschaftstheorie mal den Stecker ziehen, wo dieser Wettbewerb ja genau gewollt wurde und Ideologie ist. Wo die Staaten, die einzelnen Bürger, die Städte, die Unternehmen, die Schüler, die Studenten, die Arbeitslosen immerzu konkurrieren sollen, sich vermarkten und verkaufen sollen. Das ist ja nicht vom Himmel gefallen, das hat man uns die letzten 15, 20 Jahre so eingedrillt, per Talkshow, Schulbuch, Tagesschau und PR-Kampagnen.
Einfach mal ne andere Platte auflegen. Und dann auch mal wieder alternative Denker an die Schaltstellen der Macht lassen. Zum Beispiel solche, die unbegrenztes Wirtschaftswachstum in alle Ewigeit für eine eher absurde Idee halten, weil das halt nicht funktioniert auf einem bereits weitgehend ausgeplünderten Planeten, Stichwort Peak Oil, etc. Dem Markt ist das alles ja weitgehend egal, dem alten Nihilisten. Den interessiert nicht, ob die Menschen davon am Ende nur Burnout Depressionen kriegen und die Natur den Bach runtergeht, ob die Städte dabei ihren Charme verlieren und die Menschen ihre Bildung und Kreativtät, ob am Ende noch die Demokratie zur „marktkonformen Demokratie“ zurechtgestutzt wird, ohne echte Alternativen: Kaufen, kaufen, kaufen.
Und um die Kurve wieder zur EU zu kriegen: Wann haben wir da eigentlich je drüber abgestimmt, über diese abstruse Gedankenwelt, die EU-weit zur herrschenden Meinung erhoben wurde? Ich tipp nämlich mal drauf, dass die so gar nicht mehr mehrheitsfähig wäre.
Peter Nemschak
10. April 2014 @ 12:11
Werfen Sie Ihr Handy weg und lassen Sie ihr Auto, wenn Sie eines besitzen, verschrotten. Und: machen Sie keine Fernreisen mit dem Flugzeug, um CO2 zu sparen. Es liegt an Ihnen….wie es weiter geht.
zustimmender leser
10. April 2014 @ 16:02
Ob Sie’s glauben oder nicht, als Großstadtbewohner habe ich noch nie ein Auto besessen, und nur sehr selten vermisst. Mein Handy hat bald 4 Jahre auf dem Buckel und tut weiterhin anstandslos, was es soll, die neuen Modelle gefallen mir einfach nicht, und auch Flugreisen kommen höchstens alle paar Jahre mal vor. Aber ich will hier gar nicht den Verzichtsprediger spielen – ich frage nur, warum da immer ein Lebensstil proklamiert (und damit dann ein Wirtschaftssystem gerechtfertigt) wird, den der Planet spätestens dann nicht mehr mitmacht, wenn da schließlich dann wirklich alle mitmachen wollen (zb. aktueller Gift-Smog in China). Machen aber plötlzich nicht mehr alle mit, bricht ja diese auf Wachstum ausgelegte Wirtschaft zusammen – da hat man sich eben in eine schöne Zwickmühle hinein manövriert. Das kommt mir eben einfach reichlich kurzsichtig vor. Luxus könnten doch auch ganz andere Dinge sein – etwa Zeit und Muße! Oder ist dieser Gedanke Ihnen völlig fremd, geht es nur ums Materielle?
Peter Nemschak
10. April 2014 @ 16:40
Was alternative Zeitverwendung betrifft, gebe ich Ihnen recht. Ob Sie allerdings die Chinesen, Russen, Inder und andere Entwicklungsländer davon überzeugen können, scheint mir fraglich zu sein. Wir müssen die Welt auch mit den Augen der Erwähnten betrachten, die noch weit von unserem materiellen Niveau entfernt sind.
thewisemansfear
10. April 2014 @ 19:00
@Nemschak
Was Sie hier unterschwellig durchklingen lassen ist eine Angst, dass die „noch-nicht Industrieländer“ uns hier irgend etwas wegnehmen würden wenn sie denn zu uns aufschließen? Oder wissen Sie auch nur zu gut, dass es für die Weltbevölkerung nach westlichem Standard mehrere Planeten wegen Energie und Rohstoffen benötigen würde?
D.h. wir halten diese Länder weiter künstlich auf Abstand, damit wir unsere Position länger halten können? Reichlich egoistisch, finden Sie nicht?
Mit dieser Sichtweise passen übrigens die Konflikte auf der Welt fast überall ins selbe Muster, ein bisschen Destabilisieren hier, ein bisschen Konflikt schüren da… Nur durchschauen immer mehr Menschen dieses Spiel.
zustimmender leser
9. April 2014 @ 13:01
Ich kann mich nur nochmal wiederholen, ich habe das hier bereits paar mal geschrieben: Ich habe überhaupt keinen Überblick (anders als auf nationaler Ebene), wer auf EU-Ebene für eine andere EU stünde (geht das schon bei der SPD los, oder bei Grünen, Linken? Die Protestpartei AfD will ja scheinbar einfach nur Kompetenzen wieder nationalisieren?). Oder wie realistisch es überhaupt wäre, da noch eine Wende zu erwarten, wie groß überhaupt da noch der Handlungsspielraum ist für gewählte Vertreter, und was inzwischen schon alles in irgendwelchen Pseudoverfassungen, Verträgen und Abkommen festgeschrieben ist und den politischen Handlungsspielraum „alternativlos“ eingeschränkt hat? Ich würde schon von mir behaupten, dass ich etwas mehr Interesse als der Durchschnitt an Politik habe und mich auch informiere, aber was das alles angeht, ist diese ganze EU für mich ein Buch mit sieben Siegeln.
Natürlich könnte ich da jetzt stundenlang Parteiprogramme und Papiere zusammensuchen und studieren, aber sorry, das ist doch verdammt noch mal Aufgabe der Parteien und Medien, die da eine Bringschuld hätten gegenüber den Wählern! Öffentlichkeit, Diskurs, Alternativen, Argumente! Das alles ist doch zunehmend wichtig geworden, warum hat es so wenig Öffentlichkeit, sieht man mal von einem guten Blog wie diesem und gelegentlicher Berichterstattung anderswo ab? Nach meinem Verständnis geht es bei dieser EU-Wahl um verdammt viel, selbst wenn man die Kommission mal beiseite lässt (die ja die Regierungen wieder unter sich auskungeln werden), und es ist doch die einzige Chance für die Bürger der EU, da ihren Willen überhaupt mal erkennbar werden zu lassen, da bei den nationalen Wahlen ja eben nationale Themen bei weitem überwiegen – auch wenn sich diese nationalen Wahlen dann wiederum auf die Zusammensetzung der Kommisssion auswirken. Aber da wird jetzt Merkel plakatiert und ansonsten soll man sich mglchst nicht weiter damit beschäftigen, Mutti weiß schon was gut für uns ist?!
Liegt es am Desinteresse der Leser/Bürger, werden solche Blogs, Artikel oder Fernsehberichte einfach zuwenig geschaut und angeklickt? Oder ist es doch eher der „Schlafwagen“, nach dem Motto „lasst die in der EU doch mal machen, das versteht ihr doch sowieso nicht, hauptsache nicht AfD wählen“, und aufgeregt wird sich dann erst, wenn man dann was von Chlorhühnchen und Geheimverhandlungen hört? Also wenn es irgendwie greifbar wird für den eigenen Alltag, was „die da wieder fabrizieren“, wie bei den Glühbirnen oder mal positiver bei der Vorratsdatenspeicherung? Das sind ja alles nur kleine Details, interessanter wäre doch die grundsätzliche Richtung, in die es geht.
Hyperlokal
9. April 2014 @ 09:49
„Legrain (wirft) der Kommission vor, sich seit der Eurokrise systematisch der deutschen Position unterworfen zu haben“
Der Vorwurf ist nicht präzise. Richtiger wäre, dass die Kommission sich der Position der deutschen Exportindustrie unterworfen hat.
Denn die 3 Mrd. Kosten für die EEG Subventionen werden ja auf den deutschen Verbraucher und die binnenländische deutsche Wirtschaft umgelegt. Das sind 3 Mrd., die dem Binnenmarkt zu Gunsten des Exportmarkts fehlen.
Das ist eine unverantwortliche Wirtschaftspolitik, welche die Exportorientierung unreflektiert zur „Heiligen Kuh“ erklärt. Der biblische Vergleich sei erlaubt: Die Kommission, Merkel und Gabriel tanzen um die Goldene Kuh „Deutscher Exportmarkt“ herum.
zustimmender leser
9. April 2014 @ 13:05
Aber ist nicht die ganze deutsche Wirtschaftspolitik seit Schröder und wohl auch schon zuvor größtenteils auf die Exportwirtschaft ausgerichtet? Und bringt diese nicht auch tatsächlich einen gewaltigen Teil der Steuereinnahmen? Dann wäre dieser „Cargo-Kult“ ja nicht völlig irrational, wenn sich auch langsam die Frage stellt, was denn die Bürger davon konkret eigentlich haben, wenn schon nicht die höchsten Löhne in der EU, oder die beste Infrastruktur hinsichtlich Bildung, o.ä.
Peter Nemschak
9. April 2014 @ 17:12
Frage: kommen nicht die in der deutschen Exportwirtschaft erwirtschafteten Löhne sowie die reinvestierten Gewinne dem Binnenmarkt zu gute?
thewisemansfear
9. April 2014 @ 20:22
Wenige Große können sich anständige Löhne „leisten“, der große Rest in der Zuliefererkette wird geknechtet. Und selbst die Großen reizen aus was geht, Stichwort Werkverträge, etc.
Gegenfrage: von welchen reinvestierten Gewinnen sprechen Sie? Die Unternehmer sind nun schon seit einigen Jahren netto-Sparer: http://www.querschuesse.de/deutschland-aussenhandelsdaten-februar/
(vorletzte Grafik mit den Salden) – der Beitrag ist übrigens offen
Jetzt ist mir glatt noch eine eingefallen: wo kommen die Gewinne her, wenn der Laden ähm die Wirtschaft nicht mehr (genug) wächst? Dann haben wir direkte Umverteilungsökonomie, noch viel offener als jetzt.
Johannes
9. April 2014 @ 09:41
Das die SPD wieder die Fehler von damals wiederholt und lieber Politik für Konzerne macht wundert mich schon. Gut, bei der Energiewende kann man als Partei nur verlieren, so oder so, aber das man so sehr die Industrie verteidigt überrascht mich schon. Die SPD liefert wieder Munition warum sie im Zweifel gegen die Bürger ist. Von der Agenda 2010 noch immer nicht erholt und schon das nächste Ding aufgemacht, uh la la. Ist das nicht auch anti-europäisch Politik gegen Bürger zu machen? 😉
Peter Nemschak
9. April 2014 @ 17:04
Was haben Sie gegen die Konzerne? Sie sind dazu da, Gewinne zu machen. Es ist Sache der Regierungen, die Gewinne vernünftig zu besteuern. Haben Sie lieber etwas gegen Regierungen, die ihrer Aufgabe nicht nachkommen. Lobbies wird es immer geben. Ihren Empfehlungen zu folgen ist eine andere Sache.