„Die Bürger wollen mehr EU-Integration“
Das ist ja mal eine interessante Umfrage: Während die EU-Skepsis steigt, spricht sich eine Mehrheit der Bürger für mehr Integration aus. Also für mehr – und nicht weniger – EUropa.
Zu diesem Ergebnis kommt die bekanntlich proeuropäische Bertelsmann-Stiftung. 59 Prozent aller EU-Bürger wünschen sich demnach mehr politische und ökonomische Integration.
In allen großen EU-Staaten, bis auf Großbritannien, sei diese Position gleichermaßen stark ausgeprägt: In Spanien (78 Prozent) und Italien (71 Prozent) am stärksten. Nur Frankreich sei mit 49 Prozent zurückhaltend.
Wenn diese Zahlen stimmen, heißt das, dass die EU enger zusammenrücken muss, um mehr zu leisten. Geplant ist aber genau das Gegenteil: weniger EUropa, mehr Markt, mehr Wettbewerb.
Vor allem Großbritannien steht für diesen Rückbau der EU. Insofern kann ich die Schlussfolgerung von Bertelsmann-Chef De Geus nicht ganz nachvollziehen. Zitat:
„Der Wunsch nach mehr Integration zeigt, dass die Bürger weiter an das Projekt Europa glauben. Nur ein vereintes, Europa ist langfristig attraktiv und kann global bestehen. Der Brexit wäre daher ein schlechtes Signal für alle EU-Bürger.“
Man kann es auch genau andersherum sehen: Ein Brexit böte die Chance, endlich mehr Integration – und mehr Solidarität – zu wagen! Cameron & Friends wollen das Gegenteil…
Claus
20. Juni 2016 @ 19:22
Nun ja, Bertelsmann-Stiftung, da weiß man in der Tat schon vorher, was herauskommt. Diese Umfrage lief heute ja auch im BBC hoch und runter, leider wies die BBC bei ihrer ansonsten recht guten Qualität nicht darauf hin, welche Dame in der Stiftung das Sagen hat, und mit wem in Berlin sie bestens befreundet ist. Und vielleicht hätte Bertelsmann, wo man schon dabei ist, auch mal fragen können, in welchen anderen Ländern es Zustimmung für Volksabstimmungen über den Verbleib in der EU gibt und wie hoch diese ist. Das hat man aber offensichtlich nicht gemacht.
Peter Nemschak
20. Juni 2016 @ 18:27
Markt und Wettbewerb sind kein Widerspruch zu mehr Europa. Mehr Europa heißt nicht zwingend ein sozialistisches Europa. Ein liberaleres Europa mit mehr Betonung auf Selbstverantwortung der Bürger und Subsidiarität würde nicht im Widerspruch zu einem europäischen Bundesstaat stehen. Es gibt nicht nur ein einzig mögliches Gesellschaftsmodell für Europa.