Die Briten treiben es immer doller
Danke, Theresa, thank you, Angela. Weil sich die beiden Damen aus London und Berlin so gut verstehen, können sich die Briten mit ihrem Brexit-Antrag Zeit lassen – und es immer doller treiben.
Beim EU-Gipfel haben sie verhindert, dass Brüssel etwas gegen Dumping aus China unternehmen kann. Nun, beim Ecofin-Rat, haben sie ihre Steueroasen verteidigt und Sanktionen verhindert.
Nicht einmal Länder, die Konzernen gar keine oder nur symbolische Steuern abverlangen, sollen automatisch zu Steueroasen erklärt und bestraft werden, hieß es nach dem Treffen.
Dahinter steht eine Veto-Drohung aus London. Doch statt das unsolidarische, egoistische und angesichts des Brexits empörende Verhalten der Briten anzuprangern, redet die EU von einem Erfolg.
„Wir haben einen weiten Weg zurückgelegt“, sagte der zuständige EU-Kommissar Dombrovskis fast entschuldigend. „Zum ersten Mal sprechen wir über einen gemeinsamen Ansatz.“ Ach so.
Und was macht unser Finanzminister Schäuble, der selbsternannte Vorkämpfer für Steuergerechtigkeit? Haut der mal auf den Tisch, wie bei den Griechen? Aber nein, er ist vorzeitig nach Berlin abgereist.
Vermutlich muss er sich an der Suche nach dem nächsten Bundespräsidenten beteiligen bzw. verhindern, dass der Steinmeier heißt. Das ist ja auch sooo wichtig…
Peter Nemschak
8. November 2016 @ 21:44
In Wahrheit ist niemand außer dem masochistischen britischen Wählern, und nicht einmal die mehr in ihrer Mehrheit, an einem BREXIT interessiert. Es geht um den Fortbestand wirtschaftlicher Interessen. Das Thema Steuergerechtigkeit ist nur langfristig zu lösen. Das Problem besteht darin, dass die Konzerne global agieren, die Steuerpolitik dagegen nationale Angelegenheit ist.
S.B.
9. November 2016 @ 09:40
“Doch statt das unsolidarische, egoistische und angesichts des Brexits empörende Verhalten der Briten anzuprangern…”
Warum ist wenig Steuern erheben unsolidarisch und viel Steuern erheben solidarisch? Wer bestimmt, was solidarisch ist? Und für wen ist Steuern zahlen überhaupt solidarisch, sprich wer profitiert davon?
“Nicht einmal Länder, die Konzernen gar keine oder nur symbolische Steuern abverlangen, sollen automatisch zu Steueroasen erklärt und bestraft werden, hieß es nach dem Treffen.”
Warum sollen Staaten nicht selbst entscheiden, ob sie keine oder nur geringe Steuern erheben? Gibt es irgendein Naturgesetz, dass Staaten vorschreibt, Steuern erheben zu müssen? Ich kenne keins. Hat irgendein Staat das Recht, von einem anderen Staat zu verlangen, Steuern zu erheben und noch dazu in einer bestimmten Höhe? Ich wüsste nicht woher. Warum schlägt niemand vor, dass in keinem Staat mehr Steuern gezahlt werden? Das würde genauso zu Steuergerechtigkeit führen und den Steuerwettbewerb auf der Stelle zu Erliegen bringen. Mit der sozialistischen Umverteilung (= Wohlfahrtsstaat) und dem Parasitentum im öffentlich-rechtlichen Beschäftigungssektor, wäre es natürlich auf der Stelle vorbei.
Eine solche Fragestellung geht natürlich ins gegenteilige Extrem zur “solidarisch” überall gleichen Steuererhebung. Die Steuergleichschaltung eröffnet es den jeweiligen politischen Machthabern allerdings, nach eigenem Gutdünken (= Willkür) Steuern in nahezu beliebiger Höhe einzufordern und damit ihre politischen Interessen umzusetzen. Wie sich allenthalben immer mehr zeigt, sind das nicht unbedingt diejenigen der Bevölkerung.
ebo
9. November 2016 @ 09:50
S.B. Wer aus einem Club austritt, kann nicht auch noch verlangen, vorher die Regeln zu ändern. Wenn die Clubmitglieder dies trotzdem zulassen, können sie den Laden auch gleich dicht machen. Denn die Briten blockieren genau da, wo sie die EU hinterher ausstechen wollen: Bei den Steuern, beim Handel, beim Militär…
S.B.
9. November 2016 @ 10:33
@ebo: “Wenn die Clubmitglieder dies trotzdem zulassen, können sie den Laden auch gleich dicht machen.”
So ist es. Auch in diesem Sachverhalt stellt sich die Frage, warum die EU dieses Spiel mitmacht, das nicht ihren Interessen entspricht. Ist sie politisch schlicht zu schwach oder besteht wegen unterschiedlicher Interessen auch in diesem wichtigen Punkt wieder einmal Uneinigkeit unter den verbleibenden Clubmitgliedern. Beide Fälle würden dafür sprechen, den Laden (gleich) dicht zu machen.