Die Agenda der CEOs
Pünktlich zum Start der neuen Juncker-Kommission am 1.11. hat der europäische Arbeitgeber-Lobbyverband „BusinessEurope“ seine Wunschliste veröffentlicht. Hier die Agenda der CEOs:
- Put in place the new structure of the EU Commission swiftly to better coordinate the actions of all Commissioners and prioritise competitiveness in all new EU proposals from day one.
- Present the announced European investment plan, better access to finance and an efficient Banking Union.
- Fully embrace the objective of generating at least 20% of EU GDP in industry by 2020.
- Present a flexible EU 2030 energy and climate legislative package, adaptable to the outcome of the international negotiations in Paris in 2015, reform the post-2020 EU emissions trading system and stop carbon leakage.
- Work towards the conclusion of an ambitious TTIP agreementincluding a state-of-the-art mechanism to protect investment.
- Follow on the review of the Europe 2020 strategy and improve economic policy coordination.
- Strike the right balance between protection of citizens’ privacy and free flow of data when defining the long-term strategy for the digital single market.
- Build consensus on a European framework for national labour market reforms aimed at increasing growth and job creation.
- Deliver the better regulation agenda without delay and improve impact assessment, taking into account the cumulative effect of legislation.
- Spell out the overall vision of where to take the EU by 2020.
Bemerkenswert ist, dass die Chefs die neue Struktur der Kommission vor allem mit dem Wort „Wettbewerbsfähigkeit“ verbinden. Eigentlich sollte es um Wachstum und Jobs gehen (jedenfalls bei Juncker).
Ebenso bemerkenswert, dass TTIP erst auf Platz 5 kommt – und nicht, wie man erwarten könnte, auf Platz 1. Vermutlich haben die Business-Lobbyisten erkannt, dass da noch einige Probleme lauern.
Noch später, nämlich erst auf dem 8. Platz, kommen die Arbeitsmarktreformen, von der Merkel & Co. ständig reden. Ich hoffe, meine neoliberalen Leser können diese Gewichtung erklären…?
Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage: Was erwarten Sie von der EU-Kommission?
Peter Nemschak
1. November 2014 @ 18:05
@Tim Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass ungeachtet des Umstands, dass die Einkommensverteilung zwischen den Staaten gleicher, sie innerhalb der Staaten ungleicher geworden ist. Dieser Trend wurde durch die rasch fortschreitende Urbanisierung verstärkt und trägt zur Instabilität des globalen Dorfes bei.
Tim
1. November 2014 @ 20:29
Das stimmt, aber ich finde, daß sich zumindest das Wahlvolk in Europa nicht darüber beschweren darf. In den meisten europäischen Staaten werden stets Parteien gewählt, die nur zum Schein etwas für die sozial Schwächeren tun möchten und voll auf Symbolpolitik setzen, siehe etwa Hollandes Wahlprogramm. Echte Lösungen kommen beim Wähler oft nicht gut an.
Übrigens ist die globale Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten auch dann stark gesunken, wenn man sie auf die Weltbevölkerung statt auf die Staaten bezieht. Ich finde, das ist ja gerade die größte Leistung des Kapitalismus in unserer Zeit.
Es ist pervers, etwa die Wohlstandschancen eines chinesischen Arbeitnehmers weniger wichtig zu finden als die Armutsrisiken eines deutschen Arbeitnehmers, wie es viele Linke tun.
Peter Nemschak
1. November 2014 @ 20:36
Völlig richtig. Als die Modernisierungsverlierer außerhalb Europas waren, waren sie kein Thema in Europa. Politik ist eben interessengeleitet.
Tim
31. Oktober 2014 @ 21:45
@ ebo
Daß Wachstum und Jobs von Wettbewerbsfähigkeit kommen, finden eigentlich nur Leute bemerkenswert, die noch nie selbst Jobs geschaffen haben. Wenn ein Unternehmen nicht wettbewerbsfähig ist, schafft es keine Arbeitsplätze. Es sei denn, es ist ein französisches Unternehmen im Staatsbesitz.
Peter Nemschak
1. November 2014 @ 09:35
Wer aus welchen Gründen immer gegen das Prinzip Wettbewerb ist, sollte bedenken, dass es sich in der Evolution, nicht nur der Menschheit, in dem Sinn bewährt hat, dass die Menschheit daran nicht zerbrochen sondern im Gegenteil rasant gewachsen ist. Einzelne Akteure sind gekommen und gegangen, das kapitalistische System hat allen Unkenrufen zum Trotz nicht nur überlebt sondern sich über die gesamte Welt ausgebreitet – ebenso wie seine Kritiker.
Tim
1. November 2014 @ 15:06
Je erfolgreicher der (globale) Kapitalismus, desto schärfer die Kritik. Gibt ja leider auch viele Leuten, denen z.B. die enormen Erfolge in Afrika einfach nicht in den ideologischen Kram passen …
Peter Nemschak
31. Oktober 2014 @ 18:33
Welche Interessen meinen Sie konkret? Was sollten die Zentralbanken alternativ in der gegenwärtigen Situation tun?
Peter Nemschak
31. Oktober 2014 @ 08:54
Wenigstens liegen die Interessen der Arbeitgeber am Tisch; die der Gewerkschaften und Regierungen sollten umgehend folgen, damit in einem konfliktischen Prozess des Aushandelns ein Kompromiss gefunden werden kann und der Markt belastbare Erwartungen hinsichtlich der Zukunft bilden kann. Vom Erwartungsmanagement der Zentralbanken können die Politiker einiges lernen. Zugegeben, letztere haben es leichter, da sie nicht auf eine emotional bewegte, vom Eigennutz getriebene Anhängerschaft und einschlägig orientierte Medien in ihrem Rücken Rücksicht nehmen müssen. Juncker hat einmal bemerkt, dass die Politiker schon wüssten, was zu tun wäre, nur wollen (müssen) sie wiedergewählt werden, um überhaupt etwas bewegen zu können.
ohartz
31. Oktober 2014 @ 13:15
Sie meinen, Devisen- und andere Finanzmärkte sind ein Hort der Unaufgeregtheit? Tjo ha, da muss ich sie enttäuschen. Dem ist ganz und gar nicht so. Dagegen ist das Politiktheater eine Kasperleaufführung.
Peter Nemschak
31. Oktober 2014 @ 13:40
Das habe ich nicht gesagt. Nur: die Zentralbanker im Unterschied zu den Politikern müssen nicht von ihren Constituencies gewählt werden und können daher leichter Partikularinteressen widerstehen.
ohartz
31. Oktober 2014 @ 15:49
Die Notenbanker werden nicht von den Märkten gewählt, aber die Märkte reagieren auf ihre Impulse. Sie können ihre Entscheidungen daher nicht in einer interessenfreien Sphäre fällen, wie sie das zu suggerieren gedenken. Eine Unabhängikeit von einer demokratischen Wahl befreit noch lange nicht von einer Interessengebundenheit. Sie sollten, gerade wenn es um Interessen geht, doch etwas genauer hinschauen. Sie wirken nämlich gar nicht so gerne öffentlich, wie dies im Falle einer demokratischen Wahl stattfinden muss.