Aus dem Gleichgewicht 

Vor einem Jahr wurden Spanien und Portugal abgestraft – ihr “exzessives” Defizit stellte angeblich eine Gefahr für die Stabilität des Euro dar. Auch Frankreich wurde ermahnt. Doch was ist mit Deutschland und seinen Überschüssen? – Teil sieben der Serie “ein Jahr danach”.

Historisch soll sie sein, und wegweisend noch dazu. Das sagte W. Schäuble nach der Entscheidung der EU-Finanzminister, Strafen gegen zwei Euroländer zu verhängen, weil sie vom Spardogma abweichen. Portugal und Spanien werden nun abgestraft, als nächstes soll Frankreich folgen. Ihnen wird vorgeworfen, ein „exzessives Defizit“ im Staatshaushalt auszuweisen (dabei ist es kaum höher als in UK). Deshalb sollen sie nun Strafen zahlen und weniger EU-Hilfen bekommen.

So stand es vor einem Jahr im Blogpost “Sie reden von Stabilität”. Kurz danach wurden die Strafen sang- und klanglos fallen gelassen. Spanien und Portugal machten ein paar Änderungen, das war’s.

Das zeigt, dass die hochtrabende EU-Rhetorik von “Stabilität” und “Strafen” wenig praktischen Wert hat. Auch Frankreich bedroht nicht die Stabilität des Euro, muss nun aber trotzdem sparen.

Ungeschoren kommt hingegen weiter Deutschland davon, obwohl der Leistungsbilanz-Überschuss seit Jahren über der EU-Schwelle von sechs Prozent liegt und ein neuer Rekord prophezeit wird.

Mit voraussichtlich 285 Milliarden Dollar liege der Wert deutlich über dem Chinas von wohl 190 Milliarden Dollar, heißt es im Ifo-Institut. Deutsche Waren und Dienstleistungen überschwemmen die Welt.

Das ist nicht nur für US-Präsdient Trump ein Ärgernis (“bad, very bad”), sondern auch für Frankreichs Macron. Er hat den Abbau des deutschen Überschusses sogar zum Politikziel erklärt.

Doch im deutschen Wahlkampf ist das kein Thema – sogar SPD-Kandidat Schulz verteidigt die Überschuss-Sünden. Und die EU-Kommission duckt sich weg – wie immer, wenn es um Deutschland geht.

Nun erkläre mir mal jemand, wie sich europäische Stabilität mit einem wachsenden globalen Ungleichgewicht verträgt. Und warum der größte “Sünder” den kleinen Sünderlein Lektionen erteilen darf?

Nach der Wahl will Schäuble die Strafen, die sich vor einem Jahr als überflüssig erwiesen haben, sogar automatisch verhängen lassen. Fehlt nur noch die automatische Zurückweisung aller Klagen gegen Deutschland.

Dann wäre die “Stabilität” perfekt – und die Eurozone endgültig aus dem Gleichgewicht…

Teil 6 der Serie “vor einem Jahr” steht hier, die nächste Folge kommt am Donnerstag.

 

MerkenMerken

MerkenMerken

MerkenMerken

MerkenMerken

MerkenMerken