Der große Bluff
Nach dem „Ende der Rezession“ soll nun das „Ende der Krise“ kommen. Doch von welcher Krise reden wir eigentlich? Von der Schulden-, Banken-, Wirtschafts- oder Sozialkrise? Und was hat sich überhaupt verändert? Viele der Erfolge des letzten Jahres sind bei näherer Betrachtung ein großer Bluff.
Hier die zehn größten (Selbst-)Täuschungen des vergangenen Jahres. Möge 2014 weniger ambivalent (um nicht zu sagen: verlogen) ausfallen…
- Die Reformen wirken – Draghis OMT (das umstrittene Anleihekaufprogramm) wirkt.
- Die Defizite sinken – die Schuldenberge in der Eurozone waren noch nie so hoch.
- Die Leistungsbilanzen gleichen sich aus – nie war der deutsche Überschuss größer.
- Das Vertrauen an den Märkten kehrt zurück – das Vertrauen der Bürger schwindet.
- Die Ersparnisse sind sicher – ab 100.000 Euro wird künftig bei Bankpleiten abkassiert.
- Zypern ist kein Modell – Zypern ist DAS Modell, sogar für die so genannte Bankenunion.
- Statt Bailout kommt der Bail-in – aber erst 2016 und nur, wenn Bankster nicht rechtzeitig um Hilfe rufen.
- Deutschland zieht alle mit – doch das Wachstum lag zuletzt gerade ‚mal bei 0,4 Prozent.
- Dem Süden geht es besser – nun kriegt der Kern die Krise (Niederlande, Finnland, Frankreich…).
- Die Rezession ist vorbei – jetzt droht die Deflation. Oder die Stagnation. Oder wird doch noch alles gut?
Siehe zu diesem Thema auch: „Kein Aufschwung, nirgends“ und „Countdown zur Bankenkrise 2.0“
fufu
5. Januar 2014 @ 00:22
@ebo, bzgl. der von Dir aufgefuehrten Punkte moechte ich nur anmerken, dass die Probleme Europas nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet liegen.
Wir haben ein weit ueber die Wirtschaft hinausgehendes Glaubwuerdigkeitsproblem. Wenn Politiker Europas wegen der „Menschenrechtslage“ Sochi boykottieren, aber gleichzeitig die schlimmsten Tyrannen des Mittleren Ostens umschmeicheln, die Buerger Europas gleichzeitig in wesentlichen Fragen wie dem Freihandelsabkommen nicht involviert werden, wenn imperialistische Kriege mit Unterstuetzung der EU als Friedenseinsaetze verkauft werden, dann kann ich gut verstehen, dass sich die Buerger mit Grausen abwenden.
Peter Nemschak
3. Januar 2014 @ 14:47
@Michael
Schön wäre es, wenn die Regierung wenigstens einem Teil der Empfehlungen des WIFO folgen würde. Leider haben wir in der Regierung seit langem kein wirtschaftspolitisches Kaliber von Format. Dafür geht es dem Land relativ gut. Der Grund dafür dürfte in der Sozialpartnerschaft liegen, deren Vorteil der soziale Friede, deren Nachteil allerdings der Mangel an Zukunftsorientierung ist.
Prosper & Tumble
3. Januar 2014 @ 14:11
Wieder einmal bezeichnend, wie weit die durch zweckoptimistische Mainstream-Propaganda induzierte Wahrnehmung offenkundig von der Realität entfernt ist, Herr Nemschak, auch in Österreich…
http://www.format.at/articles/1401/930/371183/trauriger-rekord-arbeitslosigkeit-11-1-prozent-428-143-job
http://derstandard.at/1385172351063/Budget-Schuldenstand-auf-Rekordniveau
http://derstandard.at/1381369778702/Der-Weg-aus-der-Schuldenfalle-wird-immer-haerter
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/12/19/hypo-pleite-kann-oesterreich-26-milliarden-euro-kosten
Peter Nemschak
3. Januar 2014 @ 15:43
Wenn Sie am Mainstream nicht interessiert sind, lesen Sie St.Schulmeister „Eine andere Navigationskarte“. Ich teile viele seiner Beobachtungen jedoch nicht alle seine Empfehlungen.
Peter Nemschak
3. Januar 2014 @ 10:42
Lassen wir uns 2014 überraschen. Nobody is perfect, am allerwenigsten jene, die an nichts ein gutes Haar finden.
ebo
3. Januar 2014 @ 10:45
In Österreich sieht es übrigens auch nicht gut aus, Herr Nemschak. Wenn ich es richtig sehe, haben Sie eine riesige Bankenkrise, und ein dickes politisches Problem, oder?
Peter Nemschak
3. Januar 2014 @ 10:58
Vom Idealzustand weit entfernt. Lesen Sie den Bericht „Ein Fenster der Möglichkeiten“ von K.Aiginger (Chef des WIFO) im Standard vom 27.12., der durchaus ein ausgewogenes, wenn auch kritisches Bild vermittelt. Im Vergleich zu den meisten EU-Staaten geht es Österreich ausgezeichnet, trotz einer Regierung, die das Rad wahrlich nicht erfunden hat. Deren unerledigte Aganda, angefangen von Bildung, Gesundheit und Pensionen sowie Arbeitsmarkt ist lang
Michael
3. Januar 2014 @ 13:03
Im WIFO sind Speichellecker der E.U. Lassen sie sich nicht verwirren. Nicht dass ich das dem Herrn Aigner unterstelle. In Österreich wird ein Ökonom ähnlich gesehen wie geistig Verwirrte Weiße bei einem Indianerstamm. Von den Göttern gesandt und im Elfenbeinturm verbracht. Eine Heilanstalt für gescheiterte Betriebswirte mit einer gewissen Affinität in Richtung beschreibender Statistik.
Was die sagen interessiert an sich niemanden außer die Regierung die auf Basis der Prognosen, mit außergewöhnlichem Erfolg, das Budget plant.
Ökonomen in Österreich sehen ihre Chancen halt eher in der E.U. Zum verdenken ist es ihnen nicht. Durchaus verständlich. Ich verstehe deren Schmerz es mir ager egal woher selbiger kommt, aber tut weh in Österreich Ökonom zu sein.
Die vom WIFO aufbereiteten Daten sind gar nicht so uninteressant. Bei der Prognose schwächeln die Ökonomen ein wenig. In Österreich liegt auch das Augenmerk auf der Aufbereitung der ruhmreichen Vergangenheit – deskriptiv top-notch – no doubt.
Ehrbar war zumindest die Aussage. Das Wachstum wird nicht in dem Maße zurückkehren wie gewünscht und erhofft. Mir erschließt sich nicht ganz, ob real oder nominal. Die Berichteten Daten aus China waren Realwachstum, aber woher die 2% real kommen sollen. Naja – Export. Wir fahren nicht Überschüsse wie .de und uns hilft Export ungemein.
Sie haben die Punkte gekonnt zusammengefasst. Die Wirtschaft läuft sowieso wie sie läuft. Das Finanzsystem hat ganz klar abgedankt bei der Bevölkerung und auch die Planung genauso wie Brüssel.
Bei Investitionen in eine ruhmreiche Zukunft von Europa sollte man nicht zu optimistisch sein. Ich denke Fertigkeiten in Beamtenmikado sind bestimmt gefragt. Denn noch ein Scheinwachstumsphase wie die erste Zeit in Südeuropa halt einfach keiner mehr aus. Osteuropa Phantasien sind als solche enttarnt und ad acta gelegt.
Es wird sich der Teil rund um Deutschland einen eigenen Weg suchen, egal was Brüssel glaubt.
Die Hyp’e‘ (Alpe Adria) ist egal. Die interessiert kaum jemanden. Die HypoLB ist noch draufgekommen, blede Gschicht. Die Raiba Int. schreibt sowieso schon fleißig die Verluste ab … der Rest wird schon werden. Die Bankenkrise nimmt sich bescheiden aus zumindest in der öffentl. Wahrnehmung. Aber nur weil ein paar Banken pleite gehen, geht die Welt noch lange nicht unter.