Bonus am Pranger

Im jahrelangen Streit um überhöhte Boni für Banker verliert das Europaparlament die Geduld. Wenn die EU-Länder nicht endlich den Weg für eine „Deckelung“ der Boni frei machen, werde man die Bremser an den Pranger stellen, droht die SPD. Wieder einmal blockiert London, und Berlin hilft mit.

Die Nieten in Nadelstreifen kassieren wieder ab. 2012 strichen Wall-Street-Banker 20 Mrd. Dollar an Zulagen ein. Auch in Europa gab es trotz Krise wieder satte Prämien. Doch nun soll die Prasserei wenigstens etwas begrenzt werden.

Das Europaparlament fordert, die Boni auf die Höhe des Grundgehalts zu begrenzen. Die Abgeordneten wollen damit Konsequenzen aus Finanz- und Eurokrise ziehen, bei der viele Bank(st)er durch falsche Anreize – sprich: Boni – zu kurzfristiger Profitmaximierung verführt worden waren.

Doch der Ministerrat, die Vertretung der 27 EU-Länder, mauert. Angeführt wird die Blockade wieder einmal von Großbritannien, das Nachteile für die Zocker und Anti-Euro-Spekulanten in der Londoner City fürchtet.

Schäuble mit Tarnkappe

Deutschland tritt zwar offiziell für eine Begrenzung der Sonderzahlungen ein, doch im Hintergrund versucht Finanzminister Schäuble, den Briten “eine Brücke zu bauen”, wie es im Diplomatendeutsch so schön heißt.

Wie schon im Streit ums EU-Budget kommt Berlin den Briten weit entgegen- tut aber so, als sei man im Lager der Boni-Begrenzer. „Da sind viele mit Tarnkappen unterwegs“, kritisiert SPD-Experte U. Bullmann.

Zum Schwur soll es heute kommen, wenn sich Parlament und Rat zu einer letzten Verhandlungsrunde in Brüssel treffen. Nach zehnmonatigem Hin und Her müsse nun endlich eine Entscheidung fallen, mahnt Bullmann.

„Die Geduld des Parlaments ist am Ende“, sagte er. Sollte der Rat erneut eine Einigung blockieren, soll will das Parlament eine gemeinsame Position im Plenum festlegen – und die Blockierer öffentlich anprangern.

Das könnte vor allem für Schäuble peinlich werden, der sich im Wahlkampf gerne als beherzter Regulierer des Bankensektors präsentiert. Das werde man ihm aber nicht durchgehen lassen, so Bullmann.

Schäuble habe versucht, die Boni-Regeln „so zu gestalten, dass es der Deutschen Bank nicht wehtut“, kritisierte er. Zudem habe er bisher nichts getan, um „den größten Blockierer – das Vereinigte Königreich – in dieser Frage zu isolieren“.

Die Schweiz zeigt, wies es geht

Allerdings geht das EU-Parlament selbst nur halbherzig gegen die Gehaltsexzesse vor. Die Abgeordneten fordern keine absoluten Obergrenzen für die Banker-Bezüge, und sie wollen die Vergütung für die Chefetage auch nicht an die Einkommen einfacher Bankangestellter abhängig machen.

Zudem lassen sie eine Hintertür offen: Wenn zwei Drittel der Eigentümer eines Geldhauses dies genehmigen, soll ein Bonus auf die doppelte Höhe des Grundgehalts steigen dürfen. Damit wäre die „Eins-zu-eins“-Regel durchbrochen.

Dass es auch anders geht, zeigt die Schweiz. Dort dürfen die Bürger am Sonntag in einer Volksabstimmung über das Verbot von Abfindungen entscheiden. Angestoßen hatte sie nicht etwa eine Linkspartei, sondern ein Unternehmer.

Wenn sich die Schweizer tatsächlich gegen die Gehaltsexzesse der Manager entscheiden, dann wird man wohl auch in Brüssel umdenken müssen…

Dies ist die gekürzte und aktualisierte Fassung eines Artikels, den ich in der “taz” veröffentlicht habe. Das Original steht hier