Das Imperium muss wachsen

Die EU zählt seit dem 1. Juli 28 Mitglieder. Als erster großer Balkanstaat wurde Kroatien in die Union aufgenommen, alle anderen sollen folgen. Doch weder Brüssel noch Zagreb sind auf den Beitritt vorbereitet – im Gegenteil.

EU-Kommissionschef Barroso vergleicht die EU gerne mit einem „Imperium“. Die Union verfüge über alle nötigen Attribute – mit dem kleinen Unterschied, dass es keine imperialistischen Absichten habe.

Nun ja. Seit Beginn der Eurokrise sehen das einige Länder vermutlich etwas anders. Zudem zeigt sich jetzt, dass die EU wie jedes Imperium auf Expansion ausgerichtet ist.

Der Beitritt Kroatiens ist nämlich erst der Anfang. Mit Serbien sind die Beitrittsgespräche schon fest eingeplant (auch wenn Berlin bremst), alle anderen Balkanländer stehen auf der Warteliste.

Offiziell zieht die EU damit die Lehre aus den Balkankriegen. In der Tat wäre es ein großer Fortschritt, wenn die einst verfeindeten Staaten wieder gleichberechtigte Mitglieder der europäischen Familie wären.

Doch diese Erweiterungsrunde hat ein paar Schönheitsfehler.

Zum einen sind die Länder nicht gleichberechtigt. Bosnien-Herzegowina steht de facto unter EU-Verwaltung, das Kosovo ist eine Art US-Kolonie.

Zum anderen sind weder die Bürger der EU noch jene des Balkans wirklich bereit.

In der Union herrscht immer noch der Blues von der letzten großen Erweiterungswelle der Jahre 2004 und 2006 vor. Zudem ist die EU nicht auf eine Vergrößerung vorbereitet.

Das EU-Budget, das eigentlich entsprechend den Mitgliederzahl steigen müsste, schrumpft. Die Institutionen sind mit der Eurokrise völlig ausgelastet, um nicht zu sagen überlastet.

Auch in Kroatien selbst sieht es leider nicht viel besser aus. Das 28. Mitglied der EU ist weder politisch noch wirtschaftlich reif für den Beitritt.

Politisch zeigt sich dies in dem umstrittenen Auslieferungsgesetz, das in letzter Minute vor dem Beitritt verabschiedet wurde. Die Kroaten schützen sich damit vor Strafverfolgung – haben sie etwas zu verbergen?

Wirtschaftlich sieht es noch schlechter aus. Das Land wächst seit fünf Jahren nicht mehr, die Arbeitslosenquote liegt bei 20 Prozent. Der Beitritt dürfte die Krise eher verschärfen als lindern.

Doch was soll’s? Das Imperium muss wachsen, vor allem Deutschland hatte auf den Beitritt Kroatiens gedrängt. Doch heute will man in Berlin nichts mehr davon wissen – und überlasst Brüssel das neue Sorgenkind…

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