Merkels EUropa wankt

Italien, Frankreich, Großbritannien: Die drei größten EU-Länder nach Deutschland stecken in der Krise. Nur in Berlin scheint die Welt noch in Ordnung. Doch der Eindruck täuscht: Das deutsche EUropa wankt.


[dropcap]W[/dropcap]as ist das “deutsche Europa”? Keine Sorge, hier wird keine Verschwörungs-Theorie entwickelt. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben sich nicht gegen die EU verschworen.

Aber sie ziehen (fast) überall die Strippen, wie zuletzt die Mauschelei mit der EU-Kommission um die PKW-Maut gezeigt hat. “Willst Du die Maut” fragte Kommissionschef Juncker. Mutti nickt, die Maut kommt.

In keinem anderen EU-Land wäre das möglich, und mit keinem anderen Kommissionschef. Nur Juncker, der von seinem deutschen Kabinettschef Selmayr geführt wird, unterwirft sich Berlin.

Sein Amtsvorgänger Barroso ging wenigstens noch gelegentlich auf Distanz. Dessen Vorgänger Prodi klagte jüngst, nicht mehr Juncker und seine Kommission führe Europa, sondern Kanzlerin Merkel.

Das ist nicht zufällig so gekommen, wie man in Berlin gern behauptet. Es wurde vorbereitet, schon unter Ex-Kanzler Schröder. Und es wurde ausgekostet, zuletzt in der Griechenland-Krise 2015.

[sociallocker]Doch seitdem hat sich das Blatt gewendet. Schon im Schuldenstreit haben Merkel und Schäuble überzogen. Sie hätten beinahe nicht nur den “Grexit”, sondern auch das Ende der Eurozone ausgelöst.

Zum Glück haben Frankreich und Italien das gerade noch verhindert. Nicht verhindern konnten sie Merkels Alleingang in der Flüchtlingskrise, der nun die ganze EU in einen Abwärts-Strudel zieht.

Die Kanzlerin hat ihr Blatt überreizt

Schon das Brexit-Votum in UK war ein Echo auf Merkels Schlinger-Kurs. Auch bei der Präsidentschaftswahl in den USA musste die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin herhalten, um Trump Stimmen zuzuführen.

Man mag einwenden, da könne sie doch nichts dafür. Kann sie aber doch. Denn sie ist übermütig geworden, sie hat ihr Blatt  überreizt. Auch deshalb ist ihr in der Flüchtlingskrise fast niemand gefolgt.

Zudem zeigt die Austeritätspolitik, die Merkel und Schäuble in der Eurokrise verordnet haben, nun ihre toxische Wirkung. Aus dem finanziellen ist ein politisches Risiko geworden, die “deutschen Regeln” empören.

“La Merkel” spielt die (negative) Hauptrolle

Beim verlorenen Referendum in Italien spielte “la Merkel” und ihre Regelfixierung ebenso eine (negative) Hauptrolle wie bei der gerade noch gut gegangenen Präsidentenwahl in Österreich. Alles dreht sich um sie.

Na und, Deutschland geht es doch gold, könnte man einwenden. Macht es doch so wie wir, dann werdet auch ihr Erfolg haben, heißt es in Berlin. Das geht nur nicht, leider. Nur einer kann Export-Weltmeister sein.

Und der Erfolg Deutschlands ist auch nur möglich, weil und so lange alle anderen nach den deutschen Regeln spielen. Doch genau das ändert sich gerade. Die anderen spielen nicht mehr mit.

Aufruhr im Europaparlament

Genau genommen spielen die Bürger nicht mehr mit; die meisten Regierungen fügen sich. Sogar Griechenland fügt sich – noch. Doch Unzufriedenheit und Wut brechen sich zunehmend Bahn.

Neuerdings erreicht der Aufruhr sogar das Europaparlament. Der Italiener Pitella will den Deutschen Schulz ablösen, der Franzose Lamassoure fordert den Deutschen Weber heraus. Die GroKo in Brüssel wankt.

Merkel kann in Berlin vermutlich trotzdem weiter machen; 89,5 Prozent bei der CDU-Krönung sollten reichen. Doch aus dem deutschen Europa wird zunehmend ein anti-deutsches Europa.

Es wäre gut, wenn man dies in Berlin endlich erkennen und umdenken würde. Die EU braucht einen Neustart. Eigentlich war er schon nach dem Brexit-Votum fällig. Jetzt ist er überfällig…[/sociallocker]

Dies ist der Auftakt für eine Serie über Aufstieg und Fall des deutschen Europa, Teil 1 steht hier, stay tuned! Wer nichts verpassen will, kann hier tägliche Updates bestellen (bitte klicken)