Darüber lacht (oder weint) ganz England
“Die Kontrolle zurückgewinnen.” Das war der beste Slogan im britischen Brexit-Wahlkampf, er lockt sogar deutsche EU-Gegner. Doch nun machte ein Radiosender den Lackmustest – das Ergebnis ist ein Desaster.
Auf dem populären Kanal LBC fragte Moderator J. O’Brien einen Zuhörer, welches EU-Gesetz er als erstes abschaffen wolle, um “die Kontrolle zurückzugewinnen”. Eine gute Frage, eine verdammt gute.
Denn der arme Mann, ein gewöhnlicher Brite, konnte kein einziges EU-Gesetz nennen. Nicht mal die (mittlerweile gekillte) Verordnung über die Gurkenkrümmung. Nicht ein Gesetz. Nothing.
Und der Moderator ließ nicht locker. Was das denn dann bedeuten solle, die Kontrolle zurückgewinnen. Ob er vielleicht an Bananen denke? An Migranten? Und was das mit dem Brexit zu tun habe?
Der Mann kam ins Schlingern, ins Stottern. Er wurde zum lebenden Beweis dafür, wie hohl die Brexit-Kampagne war und wie ahnungslos viele Wähler. Ganz England lachte – oder weinte, je nachdem.
Das muss man einfach hören. In UK wurde das Video in kurzer Zeit zum Hit. Es steht hier.
Ute Plass
13. Oktober 2016 @ 11:13
Eigentlich nicht verwunderlich, dass bei von “oben angeordnete Referenden”, die Wählerinnen im Unklaren gelassen werden, über was genau sie denn da abstimmen
und wem solche Abstimmungen dienlich sein sollen.
Ich gehe davon aus, dass eine „von unten“ ausgelöste Volksabstimmung viel weniger zugänglich für Machtspiele ist als „von oben“ angesetzte Referenden.
Zitiere den Sprecher von MEHR DEMOKRATIE, Ralf-Uwe Beck:
“Auch der Brexit kam „von oben“, war eine unverbindliche Befragung, mit der sich Ministerpräsident David Cameron seinen Machterhalt sichern wollte. Das Thema war also von Anfang an mit Personal- und Machtfragen verknüpft. Kein Wunder, dass die Debatte von den Eliten populistisch zugespitzt wurde. Immerhin hebt sich der Teppich, unter den seit Jahren die Kritik an der EU gekehrt wurde. Eine bürgerferne und von Exekutiven gesteuerte EU-Politik spielt Populisten in die Hände. Das zeigt auch das ungarische Referendum.
Die Europäische Integration verliert zunehmend an Rückhalt in der Bevölkerung der Mitgliedsstaaten. Das Gefälle zwischen den Ländern wie auch die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich in den Ländern gehört auf die Tagesordnung europäischer Politik. Zudem muss die EU demokratisiert werden. Dazu gehört, die Institutionen stärker demokratisch zu legitimieren und die Mitbestimmungsrechte auszubauen.”
http://www.couragiert-magazin.de/rab/ungarn-referendum.html
S.B.
13. Oktober 2016 @ 09:40
Warum die Häme? Man sollte nicht von der Ahnungslosigkeit eines einzelnen Mannes von der Straße auf den Sinngehalt des BREXIT und damit dessen Rechtfertigung schließen.
Viel schlimmer und überaus peinlich ist es, wenn Abgeordnete (die angeblichen Vertreter des Volkes!) nicht wissen, worüber sie entscheiden. Siehe hier nur eins von vielen Beispielen aus Schland in Sachen Euro-“Rettung”.
https://www.youtube.com/watch?v=iLLfUIm4sWs
Der Begriff “Stimmvieh” wird hier vollends bestätigt. Umfragen mit dem gleichen Ergebnis von umfassender Ahnungslosigkeit ließen sich mit Sicherheit vor jeder Abstimmung machen.
ebo
13. Oktober 2016 @ 09:44
@S.B. Wieso Häme? Hier geht es um einen Faktencheck. Die Brexiteers haben die Fakten völlig verdreht, wenn sie überhaupt welche genannt haben. Das ist das Ergebnis. Premier May weiß ja selbst nicht, was sie will und wie es jetzt weiter geht…
Peter Nemschak
13. Oktober 2016 @ 10:22
May weiß sehr wohl, was sie will: das alles beim Alten bleibt, weil das Ergebnis des Referendums blanker wirtschaftlicher Unsinn ist. Schon jetzt bereuen laut einer Umfrage deutlich mehr BREXIT-Befürworter als BREXIT-Gegner ihre beim Referendum getroffene Entscheidung. Auf Zeit spielen kann sich für May durchaus lohnen, bis sich bei noch mehr ehemaligen BREXIT-Befürwortern die Meinung durchsetzt, dass sie falsch entschieden haben. Politik ist eben irrational. Das musste sogar ein aufgeklärter absoluter Herrscher wie Josef II., ein Kollege von Friedrich dem Großen, im 18.Jahrhundert zur Kenntnis nehmen, als er seinen Untertanen einen rational sinnvollen Begräbnisritus aufzwingen wollte.