Budget-Spaltereien

Ein eigenes Budget für die Eurozone rückt näher. Dies geht aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels nächste Woche hervor. Die Eurozone brauche “Mechanismen für fiskalische Solidarität”, die nicht vom EU-Budget abgedeckt werden, heißt es darin. Solidarität soll allerdings nur mit jenen geübt werden, die sich an die Spardiktate und Reformvorgaben aus Brüssel halten. Gleichzeitig dürfte das EU-Budget an Bedeutung verlieren.

Es ist schon merkwürdig: Gerade wurde bekannt, dass die EU-Mittel für das laufende Haushaltsjahr nicht reichen. Selbst bewährte EU-Programme wie Erasmus klagen über Geldnot. Zudem können sich die 27 EU-Staaten bisher weder auf einen Haushalt für 2013 noch auf die Budgetplanung für die Jahre 2014 bis 2020 einigen. EU-Parlamentspräsident Schulz fürchtet sogar, dass der eigens geplante Sondergipfel Ende November scheitern wird.

Kurz: für die “alte” EU ist nicht genug Geld da, und auf ein neues Budget können sich die 27 auch nicht verständigen, da niemand mehr geben, aber auch keiner Abstriche machen will. Doch für die Eurozone soll plötzlich alles flüssig gemacht werden, wie ich schon letzte Woche in diesem Blog berichtet habe (“Putsch der Exektive II”). Der Kuchen wird kleiner, doch er wird auf mehrere Töpfe verteilt. Hier die entsprechende Passage aus dem Entwurf der Gipfelerklärung: 

For the euro area, the objective is to move towards an integrated budgetary framework. In that context, mechanisms to prevent unsustainable budgetary developments, as well as mechanisms for fiscal solidarity, e.g. via an appropriate fiscal capacity, should be explored. Such mechanisms would be specific to the euro area and therefore not be covered by the Multiannual Financial Framework.

Natürlich wird auch dies nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Es dürften noch Jahre vergehen, bevor die 17 Euroländer das angedachte Budget von 20 Mrd. Euro zusammengekratzt haben. Bedenklich ist jedoch das Signal, das an die Bürger gegeben wird: die “alte” EU kann und darf nicht mehr expandieren, dabei war sie relativ erfolgreich. Die neue Währungsunion hingegen, die von einer Krise in die nächste taumelt, entwickelt ein budgetäres Eigenleben.

Ob sie sich dabei zur Transferunion oder zu einer neuen Sanktionsgemeinschaft – Geld nur gegen Reformen – entwickelt, bleibt abzuwarten. Fest steht schon jetzt, dass die Budget-Spaltung für Chaos sorgen wird. Denn das ganze Gebilde, zu dem natürlich auch noch der neue Rettungsschirm ESM und eines Tages auch noch ein spezieller Bankenfonds gehört (aber keine Eurobonds, die hat Merkel offenbar erfolgreich abgeblockt), soll irgendwie von allen 27 EU-Staaten, im Bedarfsfall aber auch separat von der Eurogruppe gesteuert werden.

Wer blickt da noch durch? Wo bleiben Transparenz und demokratische Zurechenbarkeit? Was wird aus dem Prinzip “no taxation without representation”? Darauf bleibt das Gipfel-Papier jede Antwort schuldig…

P.S. Der vollständige Entwurf findet sich hier.