Brexit: Polen schert aus
Keine Verhandlungen bis zur offiziellen Austritts-Erklärung: Das war bisher die Linie der EU-27 zum Brexit. Doch nun schert Polen aus. Premierminister Szydlo sucht eine Extrawurst für ihre Landsleute.
Die EU müsse Kompromisse mit UK suchen, forderte Szydlo vor ihrem Besuch bei ihrer britischen Amtskollegin May im britischen “Telegraph”. Das ist einerseits verständlich.
Denn aus keinem Land kommen so viele “Expats” in UK wie aus Polen. Die Regierung in Warschau hat ein legitimes Interesse daran, deren Status zu sichern, zumal sie viel Geld nach Polen überweisen.
Andererseits verstößt das polnische Liebeswerben aber gegen die Absprachen auf EU-Ebene. Bis zum Start der Brexit-Verhandlungen sollte es keine Nebenabsprachen geben.
Wenn die Polen nun ausscheren, dürften bald auch Balten, Niederländer und Belgier versuchen, die Briten zu umzircen. Und natürlich Deutschland, das – wie üblich – um seine Exportindustrie fürchtet.
Am Ende wäre die EU gespalten, noch bevor die Brexit-Verhandlungunen beginnen. Und die Briten würden aller Welt beweisen, dass es doch Vorteile haben kann, aus dem Club auszutreten – und Nachahmer anlocken..
Peter Nemschak
30. November 2016 @ 14:06
@Susanne Auch nach Erklärung des BREXIT durch das UK bleiben die anderen Mitglieder an die vertraglichen Verpflichtungen mit der EU gebunden. Szydlo will den polnischen Bürgern zeigen, dass sie für ihre Bürger sorgt, zumindest an sie denkt.
Claus
30. November 2016 @ 07:43
@Peter Nemschak: Unzulässig? Einzelverträge mit UK sind allerbeste EU-Tradition mindestens seit Margaret Thatcher’s “I want my money back” aus 1984 oder Ausschluss der Schengen-Regelung. Resümee: Macht jemand richtig Druck wie Thatcher es tat, knickt Brüssel ein. Das war schon immer so und wird auch so bleiben.
Susanne
29. November 2016 @ 19:09
Nun ist eine weitere Strategie der eu gescheitert: auch bei dem als unmöglich erdachten Brexit gibt es keine gemeinsame Strategie für die eu-Länder als Ganzes.
Erstaunlich, dass die demokratisch nicht legitimierte Euro-Gruppe so brachiales durchsetzen konnte.
Peter Nemschak
29. November 2016 @ 20:36
Einzelverträge mit dem UK sind unzulässig, die “Herzensanliegen” der Mitglieder sind ohnedies kein Geheimnis. Aktionen wie die polnische dienen offenbar dem politischen Inlandskonsum.
Susanne
29. November 2016 @ 21:06
unzulässig…sind Sie sich da sicher? Wer kann das aus den Verträgen ableiten; ein solcher Fall war doch niemals vorgesehen in Merkel-Land….Einzelverträge sind unzulässig: was sagen die Briten dazu? Braucht es nicht nur die üblichen Anwaltskanzleien, derer sich auch Merkel bedient, um Pseudo-Fakten zu schaffen?
Peter Nemschak
29. November 2016 @ 12:24
Es wird auch beim BREXIT so wie immer in der EU sein: Jeder wird seine “Herzensangelegenheiten” auf den Tisch legen. Am Ende wird der kleinste gemeinsame Nenner herauskommen. Durchaus möglich, dass sich dieser sowohl für das UK wie den Rest nicht wesentlich vom Status Quo unterscheiden wird.
Marc
29. November 2016 @ 09:07
Wäre die EU eine Gemeinschaft, würde sie geschlossen handeln. Ist sie aber nur ein Club aus Einzelkämpfern, wird jeder für seine eigenen Interessen kämpfen – und genau das ist aus der postfaktischen EU geworden. Es wird Zeit, dass die Illusion der EU als Gemeinschaft zerbröselt.
Reinard
29. November 2016 @ 09:34
Und dann??? Den Einzelkämpfern, diesen Dummköpfen und Egoisten, das Feld überlassen? Wie intelligent ist das denn?
Claus
29. November 2016 @ 18:47
@Marc: So ist es – wie alles früher oder später zerbröselt, was keine tragfähigen Fundamente hat. Da hilft es auch nichts, wenn die Risse im Mauerwerk ständig zugegipst werden. Würde man einem halbwegs seriösen Bauunternehmer erzählen, er soll beim Bau des Hauses mit dem Dach (u.a. Euro) anfangen, wird er sich mit Grauen abwenden. Erstaunlicherweise wurde die EU genauso gebaut.