Bewusste Irreführung (II)

Die Eurogruppe hat das Hilfsprogramm für Zypern wie erwartet abgenickt. Sie hat nur eine Kleinigkeit geändert: der Finanzbedarf wurde von 17 auf 23 Mrd. Euro erhöht; die Deckungslücke von 6 Mrd. Euro soll Zypern selbst tragen. Wie das gehen soll, und wie die neuen Zahlen zustande kamen, bleibt im Dunkeln.

Bisher hat die Eurogruppe größten Wert darauf gelegt, das Vertrauen in die Währungsunion wiederherzustellen. Doch nun unterwandert sie das Rest-Vertrauen in ihre eigene Arbeit.

Erst wurde die Stützung Zyperns monatelang mit dem Hinweis auf „russisches Schwarzgeld“ verschleppt. Vor allem die deutsche Öffentlichkeit wurde hinters Licht geführt (siehe „Bewusste Irreführung“, Teil 1).

Dann wurde behauptet, Zypern habe das falsche „Geschäftsmodell“ und müsse sich daher ausnahmsweise  an der eigenen Rettung beteiligen. Der „Bail-in“ werde auf 7 von insgesamt 17 Mrd. Euro begrenzt (siehe „Ende eines Geschäftsmodells“).

Und nun kommt ‚raus, dass der Hilfsbedarf wesentlich höher ist, nämlich 23 Mrd. Euro, und dass Zypern davon 13 Mrd. Euro selbst tragen soll. Damit wird der „Bail-in“ größer als der Bail-Out, der bei 10 Mrd. Euro bleibt.

Alle Zahlen waren falsch, um nicht zu sagen gefälscht. Doch das sagt man natürlich nicht. Die Journalisten, die dennoch nachzufragen wagten, wurden von EU-Währungskommissar Rehn zurechtgewiesen:

Angeblich haben die Reporter Brutto mit Netto verwechselt und die ökonomischen Rahmen-Bedingungen vergessen. In Wahrheit führt die Eurogruppe uns erneut in die Irre.

Denn nicht nur die Zahlen sind falsch, auch die Konjunkturprognosen und die geforderten Reformen haben sich „über Nacht“ grundlegend verändert – und zwar erneut zum Schlechten.

Nach den Bankeinlagen sind nun nicht einmal mehr die Goldreserven sicher. Die Euro“retter“ fordern sogar den Verkauf von Zentralbankgold  – tun aber so, als müsse dies Nikosia selbst entscheiden. Auszug aus der Vorlage der EU-Kommission:

Gold sales

It is envisaged to use the allocation of future central bank profits of approximately [EUR 0.4bn], subject to the principle of central bank independence and provided such profit allocation is in line with CBC rules and does not undermine the CBC duties under the Treaties and the Statute.

Und dies ist nur eine von vielen radikalen Maßnahmen aus dem Folterkeller der Brüsseler Chicago Boys, die die „Süddeutsche“ zu Recht als „Schocktherapie“ bezeichnet. Sie zeugen davon, dass die gesamte „Rettung“ auf Sand gebaut ist.

Zypern bricht nicht nur das „Geschäftsmodell“ weg, sondern auch die Geschäftsgrundlage für die internationale Hilfe, ja für die Zusammenarbeit mit der EU. Die Insel wurde verraten und verkauft, schlimmer konnte es nicht kommen.

Aber auch die Öffentlichkeit wurde hinters Licht geführt. Vertrauen schafft man so nicht. Beziehungsweise: nur in Deutschland. Denn dort wird man jubeln, dass es bei den 10 Mrd. Euro für die „Geber“ bleibt, wie Finanzminister Schäuble betont.

Nicht wahr, SPD und Grüne? Ihr stimmt doch wieder mit der Regierung, oder?