Bestraft Big Brother

Nach der Aufdeckung des britischen “Tempora”-Skandals spielt die EU auf Zeit. Weder die EU-Kommission noch der Rat haben sich bisher zu den Vorwürfen geäußert, Deutschland und andere EU-Staaten würden von Großbritannien systematisch ausspioniert. Doch nun regt sich Widerstand – endlich.

„Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.“ So steht es in Artikel 16 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU. Dieses Recht sieht der Grünen-Europaabgeordnete Albrecht verletzt.

„Wir fordern Bundesregierung und EU-Kommission auf, gegen Großbritannien ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten“, sagte Albrecht der “FR”. Zuvor war seine Forderung bereits in diesem Blog zu lesen (und zwar hier).

Doch die EU stellt sich taub. Die zuständige EU-Kommissarin Reding will sich angeblich kümmern, doch davon ist in Brüssel nichts zu sehen. Der Rat, die Vertretung der EU-Staaten, möchte mit der ganzen Affäre nichts zu tun haben.

Schließlich möchte man kein Mitglied des Clubs anschwärzen. Schon gar nicht, wenn es – wie UK – eh schon auf Kriegsfuß mit Europa steht und nur einen Vorwand sucht, auszutreten.

Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, den “Big Brother” in London und Washington (die Briten sammeln die Daten ja nicht nur für den Eigenbedarf) zu bestrafen. Hier ein paar Vorschläge:

  • Setzt das Thema auf den EU-Gipfel und grillt Briten-Premier Cameron. Dies wäre vor allem von Kanzlerin Merkel zu fordern, die ja neuerdings alles mit Cameron abspricht – und so tut, als sei ihre Regierung wegen “Tempora” besorgt.
  • Setzt den Informationsaustausch mit den Briten über Vorrats- und andere sensible Daten aus, bis London reinen Tisch macht. Dies geht Frau Reding, aber auch Innenminister Friedrich an, der sich auffällig zurückhält.
  • Setzt die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA solange aus, bis der “Prism”-Skandal aufgeklärt ist. Denn es geht ja hier auch um massive Industriespionage. Ein Fall für EU-Handelskommssar De Gucht und seinen Chef Barroso.

Schon klar, die Geheimdienste bremsen, die Innenpolitiker wiegeln ab. Sie wollen alle Zugriff auf die illegal erspähten Daten. Doch wenn die EU für Rechtsstaat und Datenschutz stehen will, dann muss sie jetzt handeln.

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