Bayer gegen Europa
Nun ist sie perfekt, die größte Übernahme der deutschen Unternehmensgeschichte. Bayer übernimmt Monsanto – also den US-Konzern, der sich mit Gentechnik und Glyphosat unbeliebt gemacht hat.
Prompt laufen Umweltschützer Sturm gegen den Mega-Deal. Sie fürchten um die Landwirtschaft in Europa, aber auch um die vergleichsweise strikten EU-Regeln für den Arten- und Umweltschutz.
„Die Übernahme von Monsanto durch Bayer wird die weltweite Abhängigkeit der Landwirte von multinationalen Konzernen verstärken, den Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut und gefährlichen Chemikalien befördern und der Ausbreitung umweltschädlicher Monokulturen Vorschub leisten“, warnt der WWF.
Wenn Deutschland und die EU wirklich eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft wollen, müssten sie diesen Deal stoppen, fordert der Umweltverband. Doch wollen sie wirklich?
Zweifel sind angebracht. Bisher konnte Bayer auf Schützenhilfe der Kanzlerin rechnen, wie schon der Streit ums Glyphosat gezeigt hat. Merkel war für eine weitere Zulassung des Pflanzengifts – und setzte sich durch.
Bleibt noch die EU-Kommission. Die Wettbewerbshüter in Brüssel könnten den Zusammenschluss verbieten – wegen der offensichtlich marktbeherrschenden Stellung des neuen Konzerns.
Doch dazu müssten sie sich nicht nur mit Bayer, sondern auch mit Berlin anlegen. Viel lieber dürften sie die Fusion schönreden – als Beweis, dass europäische Konzerne im globalen Wettbewerb mithalten…
hyperlokal
15. September 2016 @ 16:07
Wo bleibt eigentlich das Kartellamt. Ach, die prüfen noch … Was anderes hat man von denen noch nie gelesen. Sie prüfen .. und prüfen … und prüfen …
Skyjumper
15. September 2016 @ 11:29
„Wenn Deutschland und die EU wirklich eine nachhaltige und ressourcenschonende Landwirtschaft wollen, müssten sie diesen Deal stoppen, fordert der Umweltverband.“
Warum eigentlich muss man die Fusion stoppen um das Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft zu verfolgen, ggf. zu befördern und im Gegenzug unter dieser Prämisse negative Aktivitäten zu erschweren?
Ist das nicht ein Ausweichen vor den eigentlichen Aufgaben der Politik? Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die kartellrechtliche Prüfung sollte selbstverständlich entsprechend geltender Regeln durchgeführt und im Ergebnis kompromislos berücksichtigt werden. Aber:
Um eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Landschaften zu gewährleisten muss die Politik (einerlei ob nun national oder supranational) Rahmenbedingungen in Form von gesetzlichen Vorgaben erlassen. Zuvor bedarf es einer akkuraten Zieldefinition was unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ zu verstehen ist. Und hinterher, also nach dem Erlassen entsprechender Gesetze bedarf es einer Kontrolle der Einhaltung und ggf. einer Nachverfolgung und Nachjustierung. Punkt und aus.
Es ist nicht die Aufgabe der Politik die Akteure wunschgemäß zurechtzuschnippeln, bzw. Zusammenschlüsse zu verhindern. Vor der Politik als Legislative, wie auch als Exekutivorgan, haben alle Akteure gleich zu sein. Die Politik muss endlich lernen den Lobbyisten die Stühle vor die Türen zu stellen.
Ob die Fusion dann wirklich ein schlauer Schachzug von Bayer war, oder nicht doch ein Rohrkrepierer wird man dann ja sehen.
Aus der Verbotsdiskussion, wie derzeit begründet wird, scheint mir lediglich die Angst zu sprechen die eigentliche Aufgabe (Zieldefinition und Gesetzeserlass) ordnungsgemäß (ohne sich beeinflussen zu lassen) durchzuführen und ohne Ansehen der Akteure auf die Einhaltung zu achten, durchführen zu können. Das jedoch ist/wäre ein Zeichen von Schwäche.
Sowohl Monsanto, als auch Bayer, sind bereits heute multinationale Konzerne deren Geschäftsmodelle, zumindest aktuell, wenig mit nachhaltige Landwirtschaft zu tun haben. Ob die nun zukünftig weiter getrennt oder vereint durchs Wirtschaftsleben laufen hat nichts mit der dringend zu klärenden gesellschaftspolitischen Fragestellung zu tun wie wir zukünftig mit unseren allerwichtigsten Ressourcen, nämlich Erdboden und Wasser, umgehen wollen.
Peter Nemschak
15. September 2016 @ 09:31
Der Widerstand in manchen Gruppen an den Rändern des politischen Spektrums gegen Großfusionen im Agrarbereich ist Ausdruck einer generellen Globalisierungsfeindlichkeit und der Sehnsucht nach dem vertrauten Kleinteiligen – eine der Sehnsüchte der Menschen, die übrigens der Rechtspopulismus besser als die Linke bedient. Bisher gibt es keinen schlüssigen Nachweis, dass Glyphosat schädlich ist oder die Gentechnik im allgemeinen, die für viele den Anfang vom Untergang der Menschheit bedeutet, für andere eine Möglichkeit die Nahrungsmittelbasis einer wachsenden Menschheit zu vergrößern, um deren Überleben zu sichern. Schädlich ist allenfalls die Schwächung des Wettbewerbs in einer für die menschlichen Gesellschaften zentralen Industrie. Interessant zu beobachten ist die idente politische Beurteilung durch links/grün und rechtsaußen. Es wird spannend, ob sich die Antikapitalisten vom Rand oder die Systemfatalisten aus der Mitte der Gesellschaft durchsetzen werden.