Barrosos langer Schatten

Kommissionschef Juncker war angetreten, mit der dunklen Ära seines Amtsvorgängers Barroso zu brechen. Doch nun holt sie ihn wieder ein – es geht um eine goldene Drehtür und mangelnde Transparenz.


[dropcap]E[/dropcap]s war still geworden um José Manuel Barroso, verdächtig still. Zehn Jahre lang hatte der Portugiese die EU-Kommission in Brüssel geführt.

Bei seinem Abgang 2014 hinterließ Barroso eine tief zerrissene, von Krisen geschüttelte Union. Danach tauchte der Mann, den viele mit dem Niedergang Europas verbinden, ab.

Doch nun meldet er sich zurück – mit einem Knall. Wie eine Bombe schlug in Brüssel die Nachricht ein, dass Barroso die Seiten gewechselt hat: Er wird Berater bei der US-Investmentbank Goldman Sachs sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Londoner Tochtergesellschaft Goldman Sachs International (GSI).

Damit stellt der 60-Jährige sein umfangreiches EU-Wissen und sein dickes Adressbuch nicht nur den umstrittenen „Goldmännern“ zur Verfügung – also jenen „Bankstern“, die Griechenland bei der Verschleierung des Budgetdefizits geholfen hatten. Er soll sie auch noch beim Brexit, dem EU-Austritt Großbritanniens, beraten.

Er wird also zum Lobbyisten für die „andere Seite“ – für die Briten, die ab sofort gegen EU arbeiten, und für die Amerikaner, die aus dem Brexit auch noch saftige Profite schlagen wollen.

Ein Skandal – fanden zunächst vor allem französische Journalisten, die sich lauthals über diesen „Verrat“ empörten.

Barrosos Nachfolger in der EU-Kommission dagegen wiegelten ab. Er habe sich an die „Abkühlfrist“ von 18 Monaten gehalten, erklärten die Sprecher von Kommissionschef Juncker. Es gebe keinen Hinweis auf Interessenkonflikte oder Verstöße gegen die EU-Regeln, Juncker werde deshalb nicht einschreiten.

„Bedeutendes öffentliches Interesse“

Doch nun gerät auch Juncker unter Druck: Das Thema sei von bedeutendem öffentlichen Interesse und müsse offen sowie umfassend angesprochen werden, sagte die EU-Bürgerbeauftragte O’Reilly.

Sie fordert Aufklärung – und wirft Juncker und seiner Behörde indirekt mangelnde Transparenz vor. Dabei hatte Juncker doch eine transparente Amtsführung versprochen.

Er wollte sogar mit der unseligen Ära Barroso brechen. Nun holt sie ihn wieder ein…