Bankenkrise – der Countdown läuft
Fünf Milliarden bis Silvester – sonst muss die Regierung in Rom einspringen. So sieht es bei der italienischen Traditionsbank Monte dei Paschi aus. Die EU tut so, als gehe sie das alles nichts an.
Beim EU-Gipfel soll die akute Bankenkrise jedenfalls kein Thema sein. Dabei ist eine EU-Institution – nämlich die Europäische Zentralbank EZB – an der Eskalation beteiligt.
Sie lehnte es ab, der Bank wegen der Regierungskrise in Rom mehr Zeit zu geben. Die älteste Bank der Welt hatte wegen der Regierungskrise in Rom um Aufschub bis zum 20. Januar gebeten.
Schafft die Bank es nicht, rechtzeitg frisches Kapital aufzutreiben, so könnte die Übergangsregierung von P. Gentiloni schon am Freitag oder am Wochenende Staatshilfen beschließen.
Doch dann müssten nach den EU-Vorschriften zur Bankenrettung auch die Kleinanleger zur Kasse gebeten werden – ein Politikum. Es würde die neue Regierung in eine Krise stürzen.
Neben der Bankenkrise hätten wir dann auch noch eine politische. Aber Hauptsache, der EU-Gipfel muss sich mit dem Problem nicht beschäftigen – die Chefs wollen so tun, als sei alles in bester Ordnung…
Peter Nemschak
15. Dezember 2016 @ 06:19
Derzeit wissen wir nicht, wo die Verhandlungen mit den privaten Investoren (=first line of defense) stehen. Ich könnte mir vorstellen, dass das Problem sehr wohl hinter den Kulissen, vor allem der EZB, diskutiert wird und Notmaßnahmen für den Fall des Falles vorbereitet werden. Vorläufig lässt man Druck auf die italienische Regierung und die anderen Beteiligten aufbauen. Sonst kommt nichts auf den Punkt. Schließlich ist Italien in erster Linie für seine seit Jahren sich aufbauenden Bankenprobleme verantwortlich und nicht die EU oder ein anderes Mitgliedsland. Gipfeltreffen sind keine Arbeitssitzungen sondern Informationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit, um Vereinbartes zu präsentieren.
smukster
15. Dezember 2016 @ 03:32
Schon im Sommer hatten andere Großbanken 5 Mrd. zugesagt, wollen sich daran aber offenbar nicht mehr erinnern. ‚Damals‘ haben Schäuble und Draghi das ‚chicken game‘ gegen die Bankenlobby gewonnen, und ich hoffe sehr (und gehe davon aus), dass sie auch diese Runde für sich entscheiden werden. Denn die Alternative wäre ein erneuter Blankoscheck für Europas Banken und das Scheitern der beschlossenen Bankenregulierung.
Dass notwendigerweise die Kleinanleger ‚bluten‘ müssen ist falsch: Italiens Regierung hat durchaus die Möglichkeit, diese zu entschädigen bzw. ihnen die Junior Bonds abzukaufen. Es geht ja nicht darum, dass kein Euro Staatsgeld fließen darf – es muss nur zuvor bzw. gleichzeitig auch privates Geld für die ‚Rettung‘ herangezogen werden, um ‚moral hazard‘ zu vermeiden.
Peter Nemschak
15. Dezember 2016 @ 09:13
Der Kleinanleger am Sparbuch ist ohnedies bis Euro 100.000 staatlich garantiert. Wenn man eine das Risiko reflektierende Zinsstruktur herstellen will, muss das Risiko für nachrangige Bankanleihen, wofür der Anleger höhere Zinsen als bei nicht-nachrangigen Bankanleihen erhalten hat, schlagend werden können. Entweder man hält den Anleger für mündig oder man müsste ihm verbieten, bestimmte Finanzinstrumente zu kaufen. Dort wo die Banken Fehlberatung geleistet haben, müssten sie dafür finanziell einstehen. Dafür gibt es diverse Anleger- und Konsumentenschutzorganisationen, welche Prozesse gegen Banken anstrengen und meistens gewinnen. Im Grunde hat in Italien die Bankenaufsicht im Geiste der italienischen Politik jahrelang versagt und weggeschaut.
S.B.
14. Dezember 2016 @ 21:29
Klarer Fall der sogenannten Vogel-Strauß-Taktik: Kopf in den Sand. In welcher Situation macht der Strauß das (was ihm übrigens nur angedichtet wird) gleich nochmal???