Ausweitung der Einflusszone
Beim EU-Gipfel nächste Woche werden drei neue Länder an die EU gebunden: die Ukraine, Moldau und Georgien. Alle Ostpartner haben ungelöste Grenzkonflikte mit Russland, mit den feierlich beschworenen EU-Werten stehen sie auf Kriegsfuß. Macht nichts – es geht um Wichtigeres.
Eigentlich sollte es schon beim EU-Gipfel in Vilnius so weit sein. Doch nun ist es “endlich” offiziell: Die EU expandiert nach Osten und bindet drei neue Länder in ihre Einflusszone ein.
Einflusszone? In Brüssel mag man dieses Wort gar nicht gern, betont lieber die “freie Entscheidung” der neuen Partner und angeblich gemeinsame Werte. Doch damit ist es nicht weit her.
Alle drei haben ungelöste Grenzkonflikte – die Ukraine auf der Krim, Moldau in Transnistrien, Georgien in Süd-Ossetien. Alle drei sind dem Sowjetimperium entrissen und haben große russische Minderheiten.
Allein das sollte normalerweise ein Grund zu Vorsicht sein. Doch die EU sieht darüber geflissentlich hinweg – wie auch über die oligarchische (statt demokratische) Verfasstheit der neuen Partner.
Natürlich sind auch Korruption, Justizwillkür und Verstöße gegen Minderheiten bei den neuen “Assoziierten” an der Tagesordnung. In Moldau kommt noch eine massive Armuts-Auswanderung hinzu.
Doch auch das scheint die EU nicht zu stören. Offenbar ist man in Brüssel wild entschlossen, Osteuropa massiv zu subventionieren – Griechenland war nur “Peanuts” dagegen, prahlt EU-Kommissar Oettinger.
Bleibt die (offiziell nie diskutierte) Frage, ob die drei überhaupt zu Europa gehören. Die Ukraine ist ein Grenzland zu Russland (das sagt schon der Name), Georgien hat nicht einmal eine Landverbindung mit der EU.
Macht auch nichts: die christlichen Wurzeln Georgiens müssen reichen. So hat es mir mal der blutjunge amerikanische (!) Regierungsberater des georgischen Ex-Präsidenten Saakaschwili erklärt.
Wer’s glaubt, wird selig. In Wahrheit geht es natürlich um genau das, was Washington, Brüssel und Berlin dem russischen Präsidenten Putin ständig vorwerfen: um die Ausweitung der westlichen Einflusszone…
P.S. Deutschland, das angeblich so um Putin und Ausgleich und Werte und Weltfrieden etc pp.bemüht ist, hat keine Einwände gegen die EU-Expansion geltende gemacht. Es geht ja auch um neue Märkte…
Siehe auch: “Alles fürs Protektorat Ost” und “Annexion vs. Expansion”
GS
18. Juni 2014 @ 23:45
Man kann hier nur die Hände vor den Kopf schlagen. Kaum demokratische Strukturen, Brennpunkte der internationalen Politik, Armenhäuser. Denkt denn irgendjemand in Brüssel auch mal an die Bürger, die schon in der EU sind – oder: sein müssen?
RGabriel
18. Juni 2014 @ 14:18
Hallo Herr Bonse,
haben Sie eigentlich Einfluss auf die Google-Werbung auf Ihrer Seite? Sieht nicht so doll aus, wenn man von hier zur “Jungen Freiheit” geleitet wird…
ebo
18. Juni 2014 @ 14:24
Danke für den Hinweis, eigentlich hatte ich das gesperrt.
Peter Nemschak
18. Juni 2014 @ 10:14
Die EU überstreckt ihre politischen und finanziellen Ressourcen. Sie hat nichts aus den Fehlern der USA gelernt. Von den USA ist keine nennenswerte Unterstützung zu erwarten. Ihre Prioritäten liegen anderswo.
ebo
18. Juni 2014 @ 11:13
Absolut richtig. Die spannende Frage ist nun, ob dieses “Overstretch” gewollt ist, wie manche Autoren (z.B. Streeck) glauben. Demnach ginge es darum, die EU zu einem Hayek’schen Imperium zu machen, oder auch einer britisch-deutschen Freihandelszone. Oder glauben die Eurokraten wirklich an Stabilisierung, Demokratisierung etc. – mit immer weniger Ressourcen? Selbst hier in Brüssel ist diese Frage kaum zu entscheiden!
Peter Nemschak
18. Juni 2014 @ 12:01
Ich glaube eher an Zweiteres, wobei auch dieses vorgeschoben ist. Bürokratien entwickeln eine Eigendynamik, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Die politische Wirklichkeit (Tagesgeschäft) ist banaler als man denkt. Wie viel Zeit haben Spitzenpolitiker pro Tag, um sich mit irgend einem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen? Sie sind Getriebene mit kurzem Zeithorizont, umgeben von einer Vielzahl von Beratern und “Experten” mit eigener, oft widersprüchlicher Agenda. Der große Weltenplan ist eher Sache der Think Tanks und jener, die über Politik schreiben.