Ausnahmezustand! Krieg?
Nach dem Terroranschlag hat Frankreich den Ausnahmezustand verlängert. Die Regierung in Paris spricht sogar von Krieg. Doch in Brüssel und Berlin will man davon nichts wissen – duckt sich EUropa weg?
Istanbul, Scharm-el-Scheik, Beirut, Paris. Wenn nicht alles täuscht, ist der “Islamische Staat” zu einer Weltmacht des Terrors aufgestiegen, die nun auch Europa bedroht.
Die Franzosen zahlen den Preis für eine verfehlte Außenpolitik, in die sie sich von den USA haben führen lassen. Die Nato hat sie nicht geschützt, die EU schon gar nicht.
Nun besteht die Gefahr, dass Frankreich überreagiert, mit immer neuen Luftangriffen in Syrien, mit einer Menschenjagd in den Banlieues, mit Totalüberwachung und Abschottung.
Schnell zurück zur Tagesordnung?
Genauso groß ist aber die Gefahr, dass EUropa sich feige wegduckt. Schon nach den Morden bei Charlie Hebdo ist Brüssel schnell wieder zur Tagesordnung zurückgekehrt.
Ausnahmezustand in Frankreich? In Deutschland und dem Rest der EU soll alles weitergehen wie bisher. Krieg in Syrien? Die Bundesregierung setzt auf den “Wiener Prozess”, der Jahre dauern kann.
Von Solidarität mit Paris, aber auch mit den Opfern in Istanbul, Scharm-el-Scheik und Beirut ist nicht viel zu sehen. Keine Schnellschüsse, keine Nato, kein Politikwechsel, heißt die Devise.
Die EU muss endlich Politik machen
Dabei wäre es höchste Zeit, endlich Politik zu machen. Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sagt Clausewitz. Doch Europa hat keine Außenpolitik, keine Flüchtlingspolitik, keine Strategie.
Frankreich hatte all das einmal, und die Versuchung in Paris ist groß, das alles zurückzufordern, einen nationalen Alleingang zu versuchen. Dies wird nur zu verhindern sein, wenn EUropa endlich aufwacht.
Die Schlafwandler in Brüssel und Berlin müssen Politik machen. Sonst wird der Ausnahmezustand bald ganz Europa einholen. Der Krieg vermutlich auch…
Siehe auch “Juncker versteht immer noch nicht” und “Schlafwandler am Feuerring” (von 2014!)
Peter Nemschak
17. November 2015 @ 20:28
@Ute Plass Ob Jagdflugzeuge, Drohnen oder anderes militärisches Gerät ist irrelevant. Hier geht es darum, einer Mordbande im Mittleren Osten mit sozial abnormen Sympathisanten in Europa das Handwerk zu legen, u.a. durch den Einsatz militärischer Gewalt. Es geht in erster Linie darum, die europäische Lebensart und liberale Demokratie zu verteidigen. Sozialrevolutionäre Ansätze wie der Ihre und der Ihrer Mitstreiter, die im wesentlichen auf Gesellschaftskritik unserer kapitalistischen Gesellschaften gegenüber der Dritten Welt hinauslaufen, helfen nicht weiter, unsere Interessen durchzusetzen.
stillewasser
17. November 2015 @ 10:41
Frankreich fordert über den Lissabon-Vertrag die europäische Solidarität ein. Warum nicht die NATO? Kann es sein, dass Frankreich Russland mit im Boot haben will?
Jedenfalls ist dieser Schachzug Hollandes eine kräftige Ohrfeige für Merkel. Während das deutsche Europa den Terror mehr oder weniger ignorieren will, reißt Frankreich den Führungsanspruch in Europa an sich und setzt auf Krieg. Damit ist das Kerneuropa Geschichte. Ich glaube nicht mehr daran, dass sich diese Differenzen überbrücken lassen.
ebo
17. November 2015 @ 11:46
Russland ist nicht Teil der EU. Hingegen ist die Türkei in der Nato. Könnte sein, dass die Franzosen den Türken misstrauen (zu Recht)…
H.Ewerth
17. November 2015 @ 10:29
Ich kann den sog. westlichen Verantwortlichen nur entgegnen: “Ursachen und Wirkung nicht verwechseln.
Die Arroganz und Ignoranz des Westens ist einfach nur noch unerträglich.
Um es vorweg zu sagen: Meine Anteilnahme gilt den Opfern, aller Toten, den Verletzten und den unzählbaren Angehörigen der Opfer der Terroranschläge. Aber auch der ca. 1,0 Mio. Opfer durch die Völkerrechtswidrigen Kriege und Drohnen Einsätze des Westens in anderen Länder. Kein politisches Ziel, keine Ideologie ist es Wert, dass dafür Menschen ihr Leben lassen müssen. Jedes Menschleben, das durch Gewalt ausgelöscht wird, ist ein Menschenleben zu viel.
Aber die Arroganz und Ignoranz des Westens ist einfach nur noch unerträglich. Wenn ich im Westen in aller Regelmäßigkeit höre, und lese, wenn man von feigen Anschlägen spricht. Ja, stimmt, aber was sind dann westliche Drohnen Einsätze, und Völkerrechtswidrige Kriege? Hier werden zu sehr Ursachen und Wirkung verwechselt. Solange der Westen mit gerade einmal 10% der Weltbevölkerung, den Rest der Welt als seine Kolonien betrachtet und auch so behandelt, braucht sich niemand über Terrorismus und Flüchtlinge beschweren. Denn die Ursachen liegen in erster Linie an der imperialen aggressiven Kolonialen Außen Politik des Westens. Warum wird denn nicht gegen Waffenexporte im Westen protestiert? Warum nicht gegen Drohnen Einsätze? Warum nicht gegen völkerrechtswidrige Kriege des Westens? Warum nicht gegen Folter und Entführungen durch den Westen? Warum nicht gegen Guantánamo? Die reichen Länder schicken Drohnen, die armen Länder Terroristen?
Warum nicht gegen die Destabilisierung von Ländern protestieren? Warum nicht gegen die Sanktionen des Westens protestieren? Warum nicht gegen das leer fischen der Meere durch westliche Fangflotten? Warum nicht gegen einseitige Handelsabkommen des Westens? Warum nicht gegen Landraub/Landgrapping? Warum nicht gegen die Privatisierung von Trinkwasser? Die Ursachen solcher Anschläge, liegen in den zum Teil o.g. Gründen.
Die Menschen welche Terroranschlägen zum Opfer gefallen sind, scheinen mehr Wert zu sein, als Menschen aus anderen Kulturkreisen, wenn das anders wäre, dann würde man die Millionen Tötungen und Ermordungen, durch den Westen, an den Pranger stellen? Was sind mehr als eine Million tote, seit dem “War on Terror” des Westens, im Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien usw.? Täglich sterben einhunderttausend Kinder an Hunger und deren Folgen von Hunger auf dieser Welt, während der Westen täglich Tonnenweise Lebensmittel wegwirft. Die Erderwärmung durch den Klimawandel, in erster Linie durch den Westen verursacht, aber zuerst die ärmsten Regionen der Welt zerstört? Wie sagte schon Jean Ziegler in seinem Buch sehr treffend: DER WESTEN EIN IMPERIUM DER SCHANDE” Dem kann ich nur zustimmen. Würden die Medien und Verantwortlichen im Westen ihrer Verantwortung gerecht, dann würde man die Bürger im Westen darüber informieren, und in der Mehrheit nicht Terroranschläge verurteilen, aber deren Ursachen nicht.
Peter Nemschak
17. November 2015 @ 10:47
Die meisten Terroropfer sind nicht im Westen sondern in den Entwicklungsländern. Ihre Beurteilung der Situation ist nicht ausgewogen.
Ute Plass
17. November 2015 @ 17:06
Verstehe Ihre Anmerkung auf diesen sehr guten Kommentar von @H.Ewerth nicht.
Darin ist doch nichts davon zu lesen, dass “die meisten Terroropfer im Westen sind”.
Die Frage von Ewerth: “Die reichen Länder schicken Drohnen, die armen Länder Terroristen?” verweist darauf, dass auch die ‘Drohnen-Politik’ reicher Länder eine Form von Terrorismus ist.
Wer eine andere Politik, will kann sich hier engagieren:
http://www.ramstein-kampagne.eu/
winston
16. November 2015 @ 22:14
Offensichtlich hat Frankreich vom Algerienkrieg nix gelernt.
winston
16. November 2015 @ 22:06
Die Attentäter waren Franzosen zweiter oder dritter Generation. ISIS ist eine Paramilitärische Einheit, finanziert und ausgerüstet von Saudi Arabien und Türkei, letztere wiederum beziehen ihre militärische Ausrüstung hauptsächlich von den USA und Deutschland.
AAAber Frankreich führt Krieg in Syrien.
Frankreich führt Krieg gegen ein Arabisches Land und hat gleichzeitig 6-7 Millionen Araber oder Araberstämmige Franzosen im eigenen Land, na dann Prost.
Das ehemals Stolze Europa mutiert zusehends zu einer Tragikomödie.
PS
Und vergessen wir nicht die Reeeeegeln die es einzuhalten gilt, z. B. die Defizitobergrenze von 3%. Krieg und Innere Sicherheit kosten Geld, viel Geld, wird Frankreich die anvisierten 4% einhalten ?
Johannes
18. November 2015 @ 14:59
Hat doch Frankreich schon gesagt, wir wollen Krieg führen, also werden wir die Eurogesetze natürlich nicht einhalten.
Aber mal ehrlich, auch ohne die Terroranschläge würde FR die Eurogesetze/Defizite nicht einhalten.
Frankreich ist Teil der Süd Europa Euro Achse, die sich gegen Deutschland stellt, daran haben auch die Terroranschläge natürlich nichts geändert, und die dummen Deutschen lassen es ja mit sich machen.
Peter Nemschak
16. November 2015 @ 20:58
Konkret: darf Deutschland überhaupt Bodentruppen schicken, um mit Frankreich gegen den IS zu kämpfen? Wenn Deutschland wollte, fände es sicher einen Weg dies zu tun und würde sich nicht auf die Verfassung berufen. Insgesamt sind die europäischen Gesellschaften schlicht nicht wehrwillig, nicht einmal dann, wenn die Risiken von Berufsheeren getragen werden; ein Zeichen von Wohlstandsverwahrlosung. Diesmal geht es im Mittleren Osten nicht darum, eine Demokratie – wie naiv – sondern schlicht Ordnung herzustellen, Ordnung im Sinne Europas und seiner Bürger.
ebo
16. November 2015 @ 21:18
Deutschland hat eine Parlamentsarmee, der Bundestag will keine Bodentruppen. Lieber schickt Berlin die kurdischen Peschmerga vor, die mit deutschen Waffen ausgerüstet werden.
Peter Nemschak
17. November 2015 @ 13:09
Die Entsendung von Bodentruppen ist auch in Russland höchst unbeliebt, wie Umfragen gezeigt haben. Ohne solche wird es aber nicht funktionieren, hat noch nirgends in der Geschichte funktioniert. Wahrscheinlich liegt eines von Russlands Motiven Assad (zumindest vorläufig) zu halten darin, dass er eine, wenn auch geschwächte, Infanterie und Panzertruppen zur Verfügung hat.
Reinard
16. November 2015 @ 21:34
Auweia!
Was wollt Ihr denn mit noch mehr Gewalt. Zu wenig Gewalt sind nicht die Ursachen.
Peter Nemschak
17. November 2015 @ 08:14
Militäreinsätze bringen dann nichts, wenn die Kriegsziele unklar oder unrealistisch sind. Dass der IS und seine Führungsstrukturen vor Ort vernichtet werden müssen, ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Frieden in der Region.