Angst vor dem „Deep State“

Wer steuert die EU? Seit Kanzlerin Merkel ausgefallen ist, richten sich die Blicke wieder mehr nach Brüssel. Dort fallen die Entscheidungen – nicht nur beim EU-Gipfel, sondern auch und zunehmend in der Kommission.

Eigentlich soll die Kommission eine Art Sachwalterin der Interessen der EU-Mitglieder sein. Doch viele Staaten sehen die Behörde mit wachsendem Mißtrauen, schreibt David M. Herszenhorn von „Politico“.

Das liege vor allem daran, dass Kommissionschef Juncker und sein Team zu viel Macht wollen.

Die Brüsseler Behörde möchte nicht nur die Kontrolle über die Eurozone an sich reißen – mit neuen Budgetlinien und einem Finanzminister, der auch die Eurogruppe steuert.

Sie will auch die Flüchtlinge in Europa verteilen – und denjenigen die EU-Hilfen kürzen, die das Plansoll aus Brüssel nicht erfüllen.

Das geht manchem zu weit. Man müsse einen „deep state“, einen ebenso allmächtigen wie unsichtbaren Staat im Staate verhindern, zitiert der Autor anonyme Quellen aus Brüssel und anderswo. Zitat:

European leaders worry that Juncker and his powerful chief of staff Martin Selmayr are trying to turn the Commission into a political “deep state,” according to officials in Brussels and national capitals.

Leider wird diese radikale These nur schwach belegt. Dabei ist die Angst vor einer zu starken Zentralisierung in der EU durchaus real. Auch in Berlin wird sie von manchen geteilt.

Das Paradox liegt nur darin, dass es ausgerechnet die „ordoliberalen“ Politiker in Deutschland sind, die die Kommission immer mehr zu einem orwell’schen Kontrollapparat ausbauen wollen.

Der Stabilitätspakt, der Fiskalpakt, das Six-Pack, das Europäische Semester, nun auch noch Reformverträge und Finanz-Sanktionen – all das wurde und wird im Kanzleramt und im BMF ausgeheckt.

Und an den Flüchtlingsquoten hängt niemand mehr als die Noch-Kanzlerin…