Angst vor Deflation
Die EZB hat ihren Leitzins auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Offiziell reagiert die Zentralbank damit auf die ungewöhnlich niedrige Inflationsrate. Doch auch der hohe Eurokurs spielt eine Rolle – und die Angst vor einer neuen Krise nach japanischem Muster.
Ein Gespenst geht um in Europa: das Gespenst der Deflation. Nachdem die Inflationsrate auf ungewöhnliche 0,7 Prozent gefallen ist, könnte Europa eine deflationäre Dauerkrise wie in Japan drohen.
Die EU-Kommission will davon natürlich nichts wissen. In ihrer wie immer zu optimistischen Herbstprognose hat Währungskommissar Rehn sogar eine Trendwende zum Besseren prophezeit.
Doch die Währungshüter von der EZB in Frankfurt sehen dies anders. Sie schauen nicht nur auf Schuldenquoten und Wachstumsraten, wie Rehn. Sie haben auch Inflationsraten und den Wechselkurs im Blick.
Beide drängten zum Handeln. Die Inflationsrate ist ja nur ein Durchschnitt, Deutschland könnte mit 0,7 Prozent ganz gut leben. Doch für die Krisenländer des Südens werden dauerhaft fallende Preise zur Gefahr.
Sie können dazu führen, dass die Bürger noch weniger kaufen und die Unternehmen noch weniger investieren. Gleichzeitig macht der hohe Eurokurs die Hoffnung auf ein exportgetriebenes Wachstum zunichte.
Damit erweisen sich die deutschen Dogmen in der Eurokrise als falsch. Statt Inflation droht Deflation, die auf Wettbewerbsfähigkeit und Exporte ausgerichtete Strategie stößt sich an den Währungsschwankungen.
Bleibt zu hoffen, dass der Niedrigzins der EZB ein wenig Entlastung schafft. Sicher ist das aber nicht. Je niedriger die Zinsen, desto geringer ist in der Regel die Wirkung einer Senkung – selbst wenn die Märkte jubeln.
Bisher war die EZB der einzige Rettungsanker in der Eurokrise. Wehe uns, wenn sie ihr Pulver verschossen hat. Dann bleibt nur noch, den deflationären, deutschen Sparkurs aufzugeben…
Stefan Wehmeier
8. November 2013 @ 21:59
„Die Kaufkraft des Geldes nimmt ab, das Geld entwertet sich, die Waren werden teurer, die Preise steigen (Inflation), wenn die umlaufende Geldmenge im Verhältnis zur Warenmenge vergrößert wird, und wenn das Geld schneller umläuft. Umgekehrt: Die Kaufkraft des Geldes nimmt zu, das Geld wird „besser“, die Waren werden billiger, die Preise fallen (Deflation), wenn die umlaufende Geldmenge im Verhältnis zur Warenmenge verkleinert wird, und wenn das Geld langsamer umläuft.
Kann man aber durch Vermehrung oder Verminderung der umlaufenden Geldmenge die Kaufkraft des Geldes senken oder heben, so muss es auch möglich sein, durch planmäßige Verwaltung des Geldes seine Kaufkraft zu festigen, den Durchschnitt der Warenpreise (den Index) auf gleicher Höhe zu halten (Indexwährung), – vorausgesetzt, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes geregelt ist!
Gerade an dieser zuletzt genannten Voraussetzung hapert es aber beim Dauergeld (Zinsgeld mit Wertaufbewahrungs(un)funktion). Nehmen wir an, das einzurichtende staatliche Währungsamt, dem die Aufrechterhaltung der Indexwährung obliegt, stellt fest, dass der Index Neigung hat zu steigen. Es wird daher Geld aus dem Verkehr ziehen und umgekehrt, wenn der Index Neigung zeigt zu sinken, wird es zusätzlich Geld in den Verkehr geben. Diese Maßnahmen werden solange wirksam sein, als das Lockmittel des Zinses hoch genug ist, um das Geld umlaufen zu lassen. Sinkt aber bei Vollbetrieb der Wirtschaft die Rentabilität, so wird das Geld immer zögernder investiert werden. Die Geldbesitzer können dieses Geld, das ja keinen Zins mehr bringt, ohne Schaden aus dem Verkehr ziehen, aufhäufen (auf Girokonten liquide halten), unregelmäßig auf den Markt werfen und dadurch die Festwährung stören, woran sie schon deshalb ein Interesse haben, weil sie der Konjunkturschwankungen zur Erlangung der Differenzgewinne (Spekulationsgewinne) bedürfen.“
Otto Valentin (aus „Warum alle bisherige Politik versagen musste“, 1949)
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Zusammenbruch einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) erfolgt nach dem Schema: Liquiditätsfalle > Deflation > Hyperinflation. Weil die Zentralbank keinen Einfluss auf die Umlaufgeschwindigkeit (effektive Umlauffrequenz) des Zentralbankgeldes hat, kann sie immer nur Währungspfusch betreiben und durch Geldmengenausweitung die Liquiditätsfalle (kollektiver Rückzug der Ersparnisse aus der langfristigen Anlage) hinauszögern, auf Kosten einer Verkürzung der Zeitspanne von der einsetzenden Deflation bis zur anschließenden Hyperinflation, bei der alle auf Geld lautenden Forderungen vernichtet werden.
Geld – wie es (noch) ist und wie es sein soll
Johannes
7. November 2013 @ 19:10
Wir brauchen einen Nord und Südeuro. Aber das will man ja nicht, dann muss der Süden eben leiden. Sie haben eine Wahl!