Also doch: Brüssel treibt Türkeipakt voran
Neuerdings erweckt die EU gern den Eindruck, dass sie den Drohungen des Sultans Erdogan widerstehe. Doch in Wahrheit treibt sie den umstrittenen Türkeipakt und die Visaliberalisierung voran.
Dies gab Kommissionsvize Timmermans jetzt zu erkennen. Er habe dazu mit dem türkischen Außenminister Cavusoglu ein konstruktives Treffen gehabt, teilte der Sozialdemokrat auf Twitter mit.
Man teile die gemeinsame Überzeugung, „die letzten verbleibenden Hindernisse für eine Visaliberalisierung zu beseitigen“. Es werde darum gehen, einen Fahrplan hin zur Visafreiheit festzulegen.
Damit straft Timmermans all jene Lügen, die so tun, als sei die Machtergreifung von Sultan Erdogan und sein undemokratisches Anti-Terror-Gesetz ein Hindernis für die Zusammenarbeit.
Das Gegenteil ist der Fall: Je autokratischer Erdogan herrscht und je lauter er droht, desto mehr bemüht man sich hinter den Kulissen in Brüssel, den Türkeipakt von Kanzlerin Merkel zu „retten“…
Anonymous
28. Mai 2016 @ 12:21
Also so darf man das aber nicht sehen. Man muss schon im Gespräch bleiben. Die Türkei wird voraussichtlich länger bestehen als Herr Egoman.
Peter Nemschak
28. Mai 2016 @ 21:28
Das Problem sind der Mangel an besseren Alternativen.
ebo
28. Mai 2016 @ 21:33
Wieso? Die Balkanroute ist zu, Idomeni geräumt, die Brenner-Sperre steht bereit – und niemand vertraut Erdogan (außer Merkel, natürlich)
Peter Nemschak
29. Mai 2016 @ 07:07
Eben deshalb sind auch Erdogans Ambitionen Grenzen gesetzt. Merkel traut Erdogan ebenso wenig wie die anderen, aber so lange er eine Funktion bei der Eindämmung des Flüchtlingsstroms hat, ist er für die EU nützlich. Der junge österreichische Außenminister hat außer der Warnung, sich von Erdogan abhängig zu machen (to state the obvious), auch keine effektiveren Alternativen parat.
ebo
29. Mai 2016 @ 12:00
Haha. Höre ich da eine gewisse Ironie heraus? Gerade hat Erdogan geschworen, die Kurden und ihre Milizen in Syrien und Irak zu vernichten, die zu Alliierten der USA (und Deutschlands) geworden sind. Wer sich den ärgsten Feind zum „Partner“ macht, darf nicht mehr auf „Gespräche“ hoffen, ihm drohen Terror und Krieg…
Peter Nemschak
29. Mai 2016 @ 14:15
Da kreuzen sich die Interessen, wie so oft in dieser Region. Am besten wäre überhaupt kein Verbündeter, sondern, wie schon mehrmals gefordert, die Einrichtung einer europäischen Sicherheits- und Schutzzone in Syrien, die auch als Faustpfand für zukünftige Friedensverhandlungen dienen könnte. Nur politischer Wille und überzeugende militärische Stärke machen in dieser Region bei den verschiedenen Kriegsunternehmern Eindruck. Dazu gehört auch die Bereitschaft, Verluste an Menschen und Material in Kauf zu nehmen, in Summe auf Grund unserer technologischen Überlegenheit ungleich weniger als im 20.Jhdt. Ohne diese Bereitschaft bleiben wir von allen Seiten erpressbar. Im Grunde ist es erschreckend, wie stark unser militärischer Verteidigungswille – trotz professioneller Armeen, man fragt sich wofür sie da sind? – nachgelassen hat. Wir sind tatsächlich eine postheroische, wohlstandsverwahrloste Gesellschaft geworden, die im Begriff ist sich aufzugeben. In Zukunft wird sich das Syrien-Spiel in Libyen und anderswo wiederholen. Es gilt wie immer: wer sich beißen lässt, wird gebissen werden.